Journalismus hat mit ökonomischem Druck, fragiler Sicherheitslage und Autoritarismus zu kämpfen.
Am Vortag des Internationalen Tages der Pressefreiheit hat Reporter ohne Grenzen (RSF) heute die Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht. Diese verweist auf eine erschütternde Situation für den Journalismus weltweit: In 90 der 180 in der Liste berücksichtigten Länder sei die Situation für Medienschaffende „schwierig“ oder „sehr ernst“ – die Lage der Pressefreiheit weltweit sei auf „historischem Tiefstand“. Dafür sei neben einer fragilen Sicherheitslage der zunehmende Autoritarismus in vielen Ländern und der hohe ökonomische Druck, dem sich Medien weltweit ausgesetzt sehen, verantwortlich. Medienschaffende und Redaktionen würden sich „zunehmend zwischen dem Streben nach redaktioneller Unabhängigkeit und ihrem wirtschaftlichen Überleben aufreiben.“
So zeigt die RSF-Analyse, dass Medien in 160 Ländern kaum bis gar nicht stabil wirtschaften können. Die Redaktionen in fast einem Drittel der Länder mussten aufgrund von wirtschaftlichen Problemen schließen. Dem voraus ginge oft massiver Druck durch Behörden.
Freieste Berichterstattung in Europa möglich
Auch wenn die Herausforderungen in der EU groß bleiben: Insgesamt bleibt die Lage der Pressefreiheit in Europa weiterhin am besten. Dabei ist Estland in diesem Jahr – hinter Norwegen – das bestplatzierte EU-Land. In Polen, das von Platz 47 auf Platz 31 vorrückte, hat sich die Lage für den Journalismus seit der Abwahl der PiS-Partei 2023 verbessert. Deutschland belegt – um einen Platz abgerutscht – in diesem Jahr Platz 11. Mit ein Grund sei die hohe Gefährdung von Journalistinnen und Journalisten, die sich mit rechtsextremen Milieus und Parteien beschäftigen. In den Redaktionen erleben zudem Medienschaffende, die über den Nahost-Konflikt Bericht erstatten, Konflikte und Hürden (der DFJV berichtete).
Blick in die Welt: US-Politik hat große Auswirkungen auf Journalismus weltweit
Durch das pressefeindliche Vorgehen der US-Regierung unter Präsident Donald Trump gegen kritische und unabhängige Berichterstattung rutschte das Land von Platz 55 auf Platz 57 in der Rangliste ab. Neben der Anfeindung von Journalismus im eigenen Land bedrohe zudem die Einstellung von Finanzhilfen für die US-Entwicklungsbehörde USAID den Journalismus weltweit. So seien unabhängige Medien in zunehmend autoritär geführten Ländern wie in den Regionen Osteuropa und Zentralasien auf ausländische Finanzierung angewiesen. Auch das Aus der Finanzierung von US-Auslandssendern wie „Voice of America“ schneide Millionen Menschen von ihrem Zugang zu vertrauenswürdigen Informationen ab. Zudem sei die überwiegende Mehrheit der Redaktionen in der Ukraine auf Gelder aus den USA angewiesen.
Auch im südlichen Teil von Afrika, wo Eritrea weiterhin das Schlusslicht der Rangliste bildet, sowie in der Region Asien-Pazifik arbeiten viele Journalistinnen und Journalisten unter gefährlichen und schwierigen Bedingungen. Neu in der dunkelroten Kategorie, die Regionen markiert, in der die Lage für die Pressefreiheit „sehr ernst“ ist, ist Hongkong (140). China fällt auf Platz 178, auf dem vorletzten Platz liegt Nordkorea (179). Das gefährlichste Land für Medienschaffende außerhalb von Kriegsgebieten bleibt auch in diesem Jahr Mexiko.
Der DFJV ist angesichts der massiven Bedrohungen der Pressefreiheit besorgt. Wir warnen vor den gesellschaftlichen Folgen eines wirtschaftlichen Zusammenbruchs unabhängiger Medien weltweit. Eine demokratische Öffentlichkeit ist auf eine vielfältige, freie und wirtschaftlich überlebensfähige Medienlandschaft angewiesen. Ohne ausreichend finanzierte Redaktionen drohen Qualitätseinbußen, eine Verengung des Meinungsspektrums und ein Verlust an investigativer Berichterstattung. Zudem ist eine verlässliche und faktenbasierte Berichterstattung notwendig, um Desinformation und Falschnachrichten entgegenzuwirken.
Der DFJV setzt sich seit seiner Gründung für eine freie und unabhängige journalistische Berichterstattung ein. Als langjähriges Fördermitglied von Reporter ohne Grenzen unterstützen wir den weltweiten Einsatz der Organisation für die Pressefreiheit. Die diesjährige Rangliste macht deutlich, wie dringlich aktuell das internationale Engagement für freien Journalismus ist.