von RA Frank C. Biethahn (Vertragsanwalt des DFJV)
Im Onlinejournalismus ist das Einbinden von Content per „Framing“ weit verbreitet. Fremde Inhalte, die möglicherweise urheberrechtlich geschützt sind, werden dabei nicht direkt übernommen, sondern so verlinkt, dass sie zwar auf dem fremden Server verbleiben, aber auf der eigenen Website in einem Frame wiedergegeben werden. Auf diese Weise wird der Inhalt nicht Bestandteil der eigenen Seite, es liegt keine Vervielfältigung auf dem eigenen Server vor, für die es in der Regel einer Berechtigung bedürfte.
Die Problematik
Weil dadurch faktisch dennoch eine Art „Übernahme“ stattfindet, sah der Bundesgerichtshof (BGH) darin zunächst eine Urheberrechtsverletzung. Da die urheberrechtlichen Regelungen aber auf europäischem Recht beruhen, konnte er nicht endgültig entscheiden. Deshalb legte der BGH die Sache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Entscheidung vor. Der EuGH machte – entsprechend seiner vorangegangenen Rechtsprechung – deutlich, dass er dies anders bewertet (EuGH, Beschluss vom 21.10.2014 – C-348/13). Der EuGH führte an, dass eine urheberrechtlich erhebliche Nutzung in solchen Fällen nur vorliege, wenn ein geschützter Inhalt mit einem anderen technischen Verfahren online gestellt oder aber ein anderes Zielpublikum angesprochen werde als ursprünglich vom Berechtigten erlaubt. Wenn ein Link gesetzt werde, liege aber kein anderes technisches Verfahren vor, genauso wenig werde ein anderes Publikum angesprochen, da der Inhalt schon auf der ersten Webseite für alle Internetnutzer zugänglich war.
Die Entscheidung des BGH
Dem folgte jetzt der BGH. Er sah es – in Übereinstimmung mit dem EuGH – für maßgeblich an, ob der verlinkte Inhalt mit Zustimmung des Rechteinhabers ins allgemein zugängliche Internet (hier: YouTube) gestellt worden war oder nicht. Nur wenn der Inhalt mit Zustimmung des Berechtigten online gestellt worden ist, wäre eine Verlinkung per Frame rechtlich zulässig. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der seine urheberrechtlich geschützten Inhalte ins Internet stellt, diese Art der Nutzung – soweit er sie nicht mit technischen Maßnahmen unterbindet – hinnehmen muss. Er behält trotzdem die Kontrolle über seine Inhalte, denn er kann sie ja jederzeit wieder entfernen oder den Zugang blockieren – und dem Link damit die Grundlage entziehen, weil dessen Ziel dann nicht mehr vorhanden ist und folglich ins Leere geht.
Was passiert in der Sache jetzt?
Da der BGH als Revisionsgericht nur für reine Rechtsfragen zuständig ist, ist er auf einen geklärten Sachverhalt angewiesen. Ist ein Teil des Sachverhaltes, den er für seine Entscheidung benötigt, ungeklärt, kann er nicht entscheiden. Für die Sachverhaltsaufklärung sind die ihm untergeordneten Gerichte zuständig, so dass der BGH in diesen Fällen die Sache an das Berufungsgericht zurückverweist. Hier war nicht geklärt, ob der strittige Inhalt mit oder ohne Zustimmung des Berechtigten bei YouTube eingestellt worden war, deswegen hat der BGH die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das jetzt den Sachverhalt aufklären soll. Wenn es nicht zu einer anderweitigen Erledigung kommt (z. B. durch Klagerücknahme, Anerkenntnis oder Vergleich), entscheidet das Berufungsgericht nach Aufklärung dann erneut in der Sache. Gegen diese Entscheidung kann eine erneute Revision zum BGH möglich sein. Ob das der Fall sein wird, wird maßgeblich davon abhängen, ob sich im Rahmen der neuen Entscheidung wiederum klärungsbedürftige Rechtsfragen zeigen. Das kann sich auch durch eine Entscheidung des EuGH in der bei ihm anhängigen Rechtssache C-160/15 ergeben, die ebenfalls das vorliegende Thema betrifft.
Was bedeutet diese Entscheidung für Journalisten?
Wie schon in der Rechts-News zur EuGH-Entscheidung prognostiziert, sinkt die Abmahngefahr. Die BGH-Entscheidung hat weitere Klarheit geschaffen. Was mit Billigung des Berechtigten online gestellt worden ist, darf verlinkt werden. Doch das schafft natürlich ein Problem: Man sieht dem Inhalt ja nicht an, ob er mit Zustimmung des Berechtigten online gestellt wurde. Es sollte daher auch nach diesem Urteil nicht wahllos „geframt“ werden, sondern nur bezogen auf Quellen, die hinreichend zuverlässig erscheinen. Sonst könnte nicht nur derjenige, der den Inhalt unerlaubt ins Internet gestellt hat, belangt werden, sondern auch derjenige, der ihn per „Framing“ verlinkt hat.
Beachten Sie: Beim „normalen“ Verlinken ist es in aller Regel gleich, ob der verlinkte Inhalt sich rechtmäßig oder rechtswidrig auf der verlinkten Website befindet – die Problematik betrifft nur das „Framing“.
Was passiert im Streitfalle?
Wer per „Framing“ einen Inhalt verlinkt, geht das Risiko ein, dass der Inhalt nicht mit Zustimmung des Rechteinhabers online gestellt war. Trifft eine Abmahnung ein, steht DFJV-Mitgliedern natürlich – wie auch in anderen berufsbezogenen Rechtsfragen – die DFJV-Rechtsberatung zur Verfügung. Zu beachten sind dann eine Reihe Aspekte, u. a. ob die Abmahnung überhaupt den Anforderungen entspricht, die an eine Abmahnung zu stellen sind, ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Abmahner Rechteinhaber ist oder nicht und wenn ja, ob der Inhalt mit seiner Zustimmung oder ohne diese online gestellt worden ist. Vorgerichtlich ist der Abmahner nicht verpflichtet, seine Behauptungen zu beweisen. Falsche Behauptungen können aber strafbar sein.
Im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsstreits dürfte der Abmahner in jedem Fall nicht wissentlich Unwahres behaupten oder einen falschen Eindruck erwecken. Er muss dann – anders als vorgerichtlich – seine Behauptungen näher darlegen und ggf. beweisen. Wie weitgehend diese „Darlegungs- und Beweislast“ geht, hängt entscheidend davon ab, wie sich der Abgemahnte verteidigt. Nur dass der Abgemahnte „gutgläubig“ gewesen ist, rettet ihn nicht – es sei denn, der EuGH sollte insoweit doch noch anders entscheiden.
Bleibt es jetzt dabei?
Dem EuGH liegt gegenwärtig eine Sache vor, bei der es um die Fragen geht, ob es wirklich entscheidend ist, dass der Inhalt mit Zustimmung des Berechtigten online gestellt wird und ob ein gutgläubiger Linksetzer vielleicht geschützt ist und es sich auswirkt, wenn der Inhalt auch anderweitig ohne Zustimmung des Berechtigten ins Internet gestellt wurde. Der EuGH wird über diese Fragen also noch(mals) zu befinden haben. Eine Änderung der Rechtsprechung ist zwar nicht zu erwarten, aber natürlich auch nicht ausgeschlossen.
Welche Fälle nach Auffassung des BGH gegenwärtig verboten und welche erlaubt sind, hat der DFJV für seine Mitglieder in einem Leitfaden zum Thema zusammengefasst.
Der DFJV bietet seinen Mitgliedern eine kostenfreie, individuelle und zügige Rechtsberatung (Erstberatung) an. Mehr Informationen erhalten Sie hier. Zudem informieren wir in Rechts-News zu wichtigen Themen. Bei komplexen, auch rechtlichen Fragestellungen hilft Ihnen der DFJV darüber hinaus durch verschiedene Leitfäden.