Logo DFJV

Jetzt Mitglied werden und sofort profitieren!

Werden Sie jetzt Mitglied und lassen Sie sich kostenlos und individuell von unseren Experten beraten.

Mitglied werden

Jetzt Mitglied werden und sofort profitieren!

Werden Sie jetzt Mitglied und lassen Sie sich kostenlos und individuell von unseren Experten beraten.

Mitglied werden

Jetzt Mitglied werden und sofort profitieren!

Werden Sie jetzt Mitglied und lassen Sie sich kostenlos und individuell von unseren Experten beraten.

Mitglied werden

Jetzt Mitglied werden und sofort profitieren!

Werden Sie jetzt Mitglied und lassen Sie sich kostenlos und individuell von unseren Experten beraten.

Mitglied werden

Über Künstliche Intelligenz berichten: Wie viel KI-Wissen braucht der (Fach-)Journalismus?

10.12.2025 Gunter Becker
Titelillustration: Esther Schaarhüls

Journalist:innen, besonders Fach- und Technikjournalist:innen, die über künstliche Intelligenz (KI) berichten, stehen gleichzeitig vor verschiedenen Herausforderungen: Sie müssen die KI „tiefer“ verstehen, um sie ihrem (Fach)Publikum verständlich erklären zu können. Sie selbst sollten KI fach- und sachkundig einsetzen können, um damit professionell recherchieren und produzieren zu können. Und sie haben die ethischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des KI-Einsatzes zu reflektieren, um ihre journalistische „Watchdog“-Funktion ausüben zu können. Wie viel KI-Knowhow ist dafür notwendig? Vor allem welches? Und wo kann man es bekommen? Tipps geben Expert:innen, die zum Thema „KI und Journalismus“ forschen, lehren, schreiben und beraten.

„Reporting the Machines“ – sinngemäß übersetzt „über die Maschinen berichten“ – heißt eine Veranstaltung, die Mitte Dezember im Berliner Publix, dem “Haus für Journalismus und Öffentlichkeit” stattfindet. Das Event begleitet das „Tech-Journalismus-Fellowship“, ein Weiterbildungsprogramm, das Publix ausgeschrieben hat und das vom Bundesbeauftragten für Kultur und Medien gefördert wird.

Die Weiterbildung soll Journalist:innen dabei unterstützen, ihr Wissen in den Bereichen Technologie und Technologiepolitik zu vertiefen. Es richtet sich vorrangig an freie und festangestellte Politik-, Wissenschafts- und Digitaljournalist:innen, die ein „langfristiges Interesse an Berichterstattung in diesem Themenfeld haben“. Das Schwerpunktthema des ersten Jahrgangs, „Ethical AI”, richtet den Fokus auf die verantwortungsvolle Entwicklung und Nutzung von Artificial Intelligence (AI), also auf Künstliche Intelligenz beruhender Systeme.

Wie KI-fit bin ich selbst?

Das Weiterbildungsprogramm ist ein guter Anlass, um sich als Fachjournalist:in selbst einmal zu fragen: Wie gut verstehe und beherrsche ich persönlich eigentlich die KI, über die ich schreibe? Was sollte ich über ihre Funktionsweisen, aber auch über ihre „blinden Flecken“ wissen? Kenne ich die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ethischen Auswirkungen ihres Einsatzes? Kann ich sie kritisch hinterfragen? Und wo lerne ich all das, was ich noch nicht weiß oder kann?

Eine systematische Aus-, Fort- oder Weiterbildung zum Thema KI haben wahrscheinlich die wenigsten Fachjournalist:innen absolviert, gerade die älteren Kolleg:innen wohl nicht. Jüngere Kolleg:innen beschäftigen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit während ihrer Ausbildung in den Journalistenschulen, den Medienstudiengängen der Hochschulen, oder an privaten Akademien mit dem Thema.

KI-Curriculae, klare Eckpunkte einer KI-Literacy oder ein allgemein verbindliches KI-Basiswissen für Journalist:innen wären wünschenswert. Wo stehen wir bei dem Thema?

Müssen Technikjournalist:innen besonders KI-kompetent sein?

Zwar ist KI in den Medien omnipräsent, aber man könnte annehmen, dass besonders der Technikjournalismus bei dem Thema gefordert ist. Er umfasst die Themenbereiche Transport, Verkehr, Mobilität, Energie und Umwelt, Bauen und Planen, Informationstechnik (IT) und Medien sowie industrielle Produktion. Das sind Themenfelder, in denen KI oft als Berichtsthema vorkommt und auch die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ethischen Konsequenzen eines KI-Einsatzes eine größere Rolle spielen (sollten).

Prof. Dr. Andreas Schümchen im Porträt. Schümchen ist Professor für Journalistik, insb. Medieninnovation und Digitalisierung an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.
© Daniela Burckhardt
Prof. Dr. Andreas Schümchen erachtet es bei allen Themen des Technikjournalismus als relevant, die gesellschaftlichen Auswirkungen von KI zu berücksichtigen. Schümchen ist Professor für Journalistik an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Er leitet das Institut für Medienentwicklung und -analyse und lehrt er in den Studiengängen „Technikjournalismus“ (B.Sc.) und „Technik- und Innovationskommunikation“ (M.Sc.).

Professor Andreas Schümchen vom Fachbereich Ingenieurwissenschaften und Kommunikation an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg beschäftigt sich speziell mit Technikjournalist:innen und mit den digitalen Anforderungen an sie. „Letztlich sind alle Themenbereiche stark vom Thema KI betroffen“, sagt er.

Steht aber nicht zum Beispiel der IT-/Medien-Journalismus, bei dem es unter anderem um den Einfluss der KI auf die mediale Öffentlichkeit, die Medienwirtschaft und das politische System geht, besonders stark in der Verantwortung? „Egal, über welches Thema man berichtet, man sollte immer auch die gesellschaftlichen Auswirkungen (von KI) berücksichtigen. Leider bleiben viele Journalisten, die sich mit Technikthemen beschäftigen, sehr eng an der Technik dran und blenden die gesellschaftlichen und politischen Dimensionen oft aus. Auch weil die von ihren Auftraggebern oft nicht gefragt wird“, bedauert Schümchen.

Erkan Kasap ist Coach und gleichzeitig Chief Technical Officer (CTO) bei der bayerischen Förder- und Netzwerkagentur Media Lab Bayern und hat klare Anforderungen an den KI-Wissenstand von Technikjournalist:innen. Für eine glaubwürdige Tech-Berichterstattung sei es hilfreich, wenn Technikjournalist:innen Begrifflichkeiten wie „Prompt Engineering“, „Model Deployment“, „API-Call“, „Edge-Inference“ oder „Open Source Modelle“ und damit „Llama“ sowie „Mistral“ zumindest einordnen könnten. „Dann können sie mit Entwickler:innen oder Data Scientists auf Augenhöhe diskutieren, technische Aussagen hinterfragen und valide Reportagen liefern, statt nur oberflächlich zu berichten“, sagt Kasap.

Gleichzeitig stärke das die Fähigkeit, eigene Recherchen oder Werkzeug-Evaluierungen durchzuführen – von der Auswahl eines KI-Dienstes bis zur Bewertung dessen Outputs.

Welche KI-Basics sollten Journalist:innen kennen?

Kasaps ehemalige Media-Lab-Kollegin Sabrina Harper, die als freie Journalistin über KI in der Medienbranche schreibt und Podcasts produziert, fasst KI-Literacy für Journalist:innen etwas weiter.

Basiswissen bedeutet für sie zunächst, ein Bewusstsein für die Glaubwürdigkeit der KI zu entwickeln sowie das Wissen zu haben, um die Notwendigkeit einer Verifizierung von KI-Quellen zu erkennen. „Eine KI kann halluzinieren und ist oft nicht ganz korrekt. Und weil aktuell alle mit KI arbeiten, wird das Netz geradezu überschwemmt von Inhalten, die von Menschen veröffentlicht wurden, die sich dessen nicht bewusst sind“, sagt Harper.

© Medientage Muenchen
Für die Moderatorin und Redakteurin Sabrina Harper gehört die notwendige Verifizierung von KI-Quellen zum Basiswissen für Medienschaffende. Sie warnt vor verfälschten KI-Inhalten und plädiert dafür, reale Ursprungsquellen wieder wichtiger zu nehmen. Harper ist Expertin für Medien, digitale Themen und gesellschaftlichen Wandel.

Selbst beim Zwei-Quellen-Prinzip könnten inzwischen beide Quellen durch falsche KI-Inhalte verfälscht sein, warnt sie. „Ich hatte vor Jahren zum Abgasskandal recherchiert und die KI hatte mir gemeldet, dass VW dadurch in Konkurs gegangen ist. Ich wusste, dass das nicht stimmt. Beim Verifizieren fand man das damals auch schnell heraus. Heute bekäme man unter Umständen, auch beim Verifizieren durch weitere Quellen, die Info, dass VW deswegen in Konkurs gegangen ist. KI vervielfältigt falsche Informationen“, sagt sie. Daher plädiert sie dafür, Ursprungsquellen, etwa reale Personen, wieder wichtiger zu nehmen.

Erkan Kasap hat auch von einem journalistischen KI-Basiswissen eine deutliche Vorstellung. „Tech-Journalist:innen sollten verstehen, wie KI-Modelle wie Large Language Models (LLMs) oder neuronale Netze grundsätzlich funktionieren – etwa durch Mustererkennung in Trainingsdaten und anschließende Inferenz. Wer dann Begriffe wie ,Transformer‘, ,Fine-Tuning‘, ,Zero-/Few-Shot-Learning‘ oder ,vector embeddings‘ hört, kann technische Marketingaussagen besser einordnen. Dieses Verständnis ist entscheidend, um nicht dem KI-Hype zu verfallen, sondern technologisch fundiert berichten zu können“, sagt Kasap.

Dieses kritische Verständnis sei nötig, damit Berichte nicht nur technisch korrekt sind, sondern auch gesellschaftliche Folgen und ethische Dimensionen adressieren – etwa im Hinblick auf Transparenz, Verantwortlichkeit oder algorithmische Fairness.

Welche journalistischen Tätigkeiten sind besonders „KI-affin“?

Vor allem die Recherche habe sich stark durch KI verändert – sowohl positiv als auch negativ, betont Andreas Schümchen von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Man könne mit KI sehr schnell große Datenmengen analysieren und auswerten und so Muster erkennen und darauf zugreifen. „Man kann so aber natürlich auch schneller auf Muster reinfallen, die es vielleicht gar nicht gibt“, warnt Schümchen.

Zudem seien generative Tätigkeiten mittels KI in den Vordergrund getreten, etwa das Erstellen von Texten, Videos, Audioformaten und Fotos. Hier müssten Journalist:innen in jedem Fall KI-Kompetenzen entwickeln.

Neben der Recherche und der generativen Erstellung nennt Schümchen die KI-gesteuerte Organisation journalistischer Arbeit, also des gesamten Workflows. „Wobei ich persönlich immer sehr skeptisch bin, ob das wirklich von Vorteil ist. Gerade diese Routineaufgaben geben uns oft die Möglichkeit, auf neue Ideen zu kommen. Die unkreativen Routineaufgabe machen einem manchmal den Kopf frei – und dann kommt eine richtig gute Idee“, sagt Schümchen.

Welche KI-Lösungen für die journalistische Arbeit sollte man kennen?

© Till-Wollenweber
Erkan Kasap ist Coach und Chief Technical Officer (CTO) bei der bayerischen Förder- und Netzwerkagentur Media Lab Bayern. Er erachtet Kenntnisse über KI-Fachbegriffe für eine glaubwürdige Tech-Berichterstattung als essenziell. Zudem bräuchten Techjournalistinnen und -journalisten ein kritisches Verständnis über die Anwendbarkeit und die Grenzen von KI-Lösungen.

Journalist:innen sollten immer realistisch einschätzen können, welche Routine- oder Rechercheaufgaben KI zufriedenstellend ausführen kann. Dazu gehören automatische Transkription, Themenclustering, Content-Zusammenfassung oder Bild-/Videoanalyse via Computer-Vision. „Man braucht dabei Klarheit über die Grenzen der KI. Sie liefert keine inhaltliche Redaktion, keine Kontextualisierung, vermeidet nicht automatisch Bias oder Halluzinationen. Für Tech-Journalist:innen, die oft an Schnittstellen zwischen Produkt-, Technologie- und Medienfeld arbeiten, heißt das: Sie müssen Tools kritisch prüfen und einordnen, nicht nur anwenden“, sagt Berater Erkan Kasap.

Sabrina Harper weist als freie Autorin darauf hin, dass viele Medienhäuser inzwischen interne KIs trainieren und diese zudem mit offen zugänglichen Systemen, wie ChatGPT und Perplexity, aber auch ihren eigenen Datenbanken verknüpfen. Dazu könne man keine allgemeinen Empfehlungen abgeben.

Auch sie betont, dass KI-Produkte inzwischen den journalistischen Workflow unterstützen können, und empfiehlt konkrete Produkte zum Ausprobieren. „Generell würde ich auf Platz 1 eine Detection-Software, also eine Bilder- und Videoerkennungssoftware setzen. In dem Bereich halte ich die Detection-Software von neuramancer, früher Neuraforge, für wichtig, die kenne ich noch aus meiner Zeit beim Media Lab Bayern. Die sind aus Deutschland und DSGVO konform“, sagt Harper.KI

Um Arbeitsschritte zu verknüpfen und zu automatisieren, weist sie auf Zapier hin. „Eigentlich ein simples Tool, das man mit anderen KIs verknüpfen und so regelmäßige Aufgaben ausführen lassen kann. Man kann so zum Beispiel von ChatGPT täglich viele verschiedene Pressemeldungen nach bestimmten Themen durchsuchen lassen. Fundstellen werden dann automatisch in eine Excel-Liste geschoben“, berichtet Sabrina Harper.

Um Inhalte in verschiedenen Medienformaten ausspielen können – etwa einen eingegebenen Text als 10- oder 20-sekündige Videos ausgeben zu lassen –, arbeitet sie unter anderem mit Tools wie Sora oder Kling AI. „Ich empfehle, die Prompts durch ChatGPT oder Perplexity erstellen zu lassen. Dann steigt die Erfolgswahrscheinlichkeit um etwa 70 Prozent“, sagt Harper. Musik und auch Overvoicing lässt sie zum Beispiel durch Suno generieren.

Wo bekomme ich als Journalist:in (strukturiertes) KI-Wissen vermittelt?

Sabrina Harper empfiehlt besonders das KI Kompetenzzentrum Medien als Anlaufstelle für Journalist:innen. Als freie Autorin hat sie bei der Bundeszentrale für politische Bildung Beiträge zum Thema KI veröffentlicht und weiß, dass es auch dort Informationsangebote zu diesem Themenfeld gibt. „Die haben bei ihrer KI-Aufklärung speziell auch wichtige soziale Gruppen wie Journalist:innen und Lehrer:innen im Blick“, sagt Harper.

Neben ihrem Auftraggeber Media Lab Bayern seien auch alle anderen Landesmedienanstalten und deren Förder- und Medieninnovationszentren wichtige Informationsquellen beim Thema KI in den Medien.

Fazit

Alle Journalist:innen, insbesondere aber Fach- und Technikjournalist:innen, müssen sich beim Thema KI technische Anwendungskompetenz, Basiswissen und Technikfolgewissen aneignen.

Dazu gehören neben zentralen Leitfragen – zum Beispiel: Welches KI-Modell wird genutzt? Woher stammen die Trainingsdaten? Gibt es einen Bias? –  auch ein grundsätzliches Verständnis für die ethischen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des KI-Einsatzes. Hier müssen auch beauftragende Medienhäuser und Redaktionen ihren Fokus bei der Auftragsvergabe weiter fassen, über reine technische Funktionen, Preis- und Wettbewerbsvergleiche hinaus.

Als geeignete Anlaufstellen für Informationen nannten die Interviewten vor allem öffentlich-rechtliche und staatliche Institutionen wie die Bundeszentrale für politische Bildung und die Medienanstalten der Länder.

Tipp: Der Deutsche Fachjournalisten-Verband bietet seinen Mitgliedern kostengünstige Kurz-Webinare zur Anwendung verschiedener KI-Tools in der journalistischen Praxis an. Zu aktuellen Angeboten geht es hier


Gunter Becker
© Eberhard Kehrer

Der Autor Gunter Becker schreibt seit Beginn der 1990er Jahre als freier Autor über elektronische und digitale Medien. Anfangs für Tageszeitungen, z.B. die taz und den Berliner Tagesspiegel und inzwischen vorwiegend für Fachmagazine. Für den Fachjournalist, das Medium Magazin und Menschen Machen Medien verfolgt er die digitale Transformation der Medien, stellt neue Berufsprofile vor und schreibt Service-Beiträge für Medienschaffende.

Überzeugen Sie sich von unseren Leistungen

Mitglied werden
WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner