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Googles KI-Zusammenfassungen: Sind Fachmedien besonders in Gefahr?

14.08.2025 Gunter Becker
Titelillustration: Esther Schaarhüls


Interview mit Maria Exner, Intendantin von Publix, dem Haus für Journalismus und Öffentlichkeit.

Zunehmend wird Google von einer Such- zu einer Antwortmaschine. Die Ergebnisseiten werden nicht mehr von verlinkten Quellen dominiert, sondern von KI-generierten ausführlichen und strukturierten Antworttexten. Viele Nutzer:innen sparen sich deshalb weitere Suchen. Verlinkungen zur Originalquelle rutschen nach unten und werden seltener geklickt. Zu den großen Verlierern dieser Entwicklung gehören möglicherweise die Medienhäuser und besonders die Fachmedien.

Frau Exner, zunächst ganz generell: Wie wichtig ist die Google-Ökonomie für die deutschen Medienhäuser?

Google war bis zuletzt eine sehr wichtige Reichweitenquelle, die Suchmaschine mit dem absolut höchsten Marktanteil, etwa 90 Prozent. Google war sozusagen „das Internet“. Wer mit seinen Inhalten gefunden werden sollte, musste prominent verlinkt sein. Doch das verändert sich durch die rasche Verbreitung von KI-Assistenten wie ChatGPT und die Einführung von KI-generierten Suchergebnissen im Google AI Overview rasant.

Die Branche steht vor großen Umbrüchen. Wo Journalismus jetzt noch von hauptsächlich reichweitenbasierten Geschäftsmodellen finanziert wird, drohen empfindliche Einbrüche. Alle Verlage und die Politik müssen schnell auf diese Entwicklungen reagieren. Die neuen KI-Systeme saugen Inhalte ab, ohne die Ersteller der Inhalte dafür zu kompensieren.

Wo Journalismus jetzt noch von hauptsächlich reichweitenbasierten Geschäftsmodellen finanziert wird, drohen empfindliche Einbrüche. Alle Verlage und die Politik müssen schnell auf diese Entwicklungen reagieren.

Reden wir jetzt nur über die normale Google-Suche, die sogenannte organische Suche, oder bereits auch über Angebote wie Google-News, den News-Aggregator von Google, den die Medienhäuser mit ihren Inhalten speisen?

Grundsätzlich müssen Redaktionen ihre Inhalte schon seit Jahren bestmöglich aufbereiten, damit die Nutzer:innen sie in den Google-Produkten gut finden können. Google hat zugleich immer mehr Produkte gelauncht, die den Nutzer:innen journalistische Inhalte zur Verfügung stellen, etwa Google News oder Google News Showcase.

Zuletzt bereits deutlich an Bedeutung gewonnen hat der personalisierte Newsfeed Google Discover, den sich alle Nutzer:innen von Android Smartphones anzeigen lassen können. Auch in diesem Google-Angebot werden in den USA bereits AI Overviews angeboten.

Wichtig ist dabei, im Kopf zu haben, dass der Wert journalistischer Inhalte für Google immens ist, für Deutschland allein schätzungsweise rund drei Milliarden Euro, einer aktuellen Studie zufolge. Die Studie konnte zeigen, dass Nutzer:innen die Google-Suche ohne journalistische Inhalte als deutlich weniger vollständig, aktuell, vertrauenswürdig und orientierend wahrnehmen. Verlage und andere Anbieter:innen digitaler Qualitätsinhalte bekommen im Gegenzug von Google so gut wie nichts.

Wichtig ist dabei, im Kopf zu haben, dass der Wert journalistischer Inhalte für Google immens ist […].

Es sind bisher eher die großen Verlage, die von der organischen Suche profitieren. Kleinere Häuser, der gemeinnützige Journalismus und die Freien tauchten da kaum auf – für die ändert sich zukünftig also wenig, oder?

So plakativ kann man das nicht sagen. Aber es stimmt natürlich, dass bisher die Häuser, die die Ressourcen hatten, um ihre Inhalte mittels SEO (Search Engine Optimization), also Suchmaschinenoptimierung, und gut ausgestatteter Audience Development Abteilungen an die Suchmaschine anzupassen, auch die besten Möglichkeiten hatten, gefunden zu werden.

Ein algorithmisches Ranking gab es schon immer und kleinere Sites wurden meistens nicht auf den ersten Ergebnisseiten gefunden.

Wie verschärft sich die Situation für die Verlage durch die AI Overviews (AIO), die KI-generierten Zusammenfassungen über den Suchergebnissen? Mit diesen AIO geben sich viele Nutzer:innen zufrieden und klicken nicht mehr auf die Links zu den Verlagen.

Angesichts von AI Overview, dem neuen Angebot von Googles KI Gemini, muss man sich als Verlag jetzt wirklich fragen, inwieweit die Reichweite, die aus Google-Produkten auf die eigenen Inhalte gelenkt wurde, verschwinden wird.

Birgt die aktuelle Krise auch Innovationspotenzial?

Hier im Publix-Haus treffe ich täglich Medienschaffende, die andere Wege gehen, um mit gutem Journalismus ihre Nutzer:innen zu erreichen. Correctiv bezieht Bürger:innen direkt in investigative Recherchen ein. Die Agentur Headliner bringt Journalismus auf Theaterbühnen. Und die Lokalmedien Loky aus Berlin, Tsüri aus Zürich und Bajour aus Basel begeistern mit einem frischen Ton per Newsletter sogar 20-Jährige für lokale Themen.

Wir suchen als Innovationszentrum für gemeinwohlorientierte Medien aktiv die erfolgreichsten Ansätze und wollen sie in der Breite bekannt machen. Denn direkte Kanäle wie Newsletter und Podcasts werden noch viel wertvoller und wichtiger werden, wenn die Reichweite für journalistische Inhalte über die Google-Suche zurückgehen wird.

Es wird jetzt darum gehen, wem es wie gut gelingt, direkte Beziehungen aufzubauen, über alle möglichen Arten von Subscriber-Modellen. Wo ich direkt mit meinem Publikum verbunden bin – in der Inbox der Menschen, auf ihren WhatsApp-Accounts oder ihrem Podcast-Feed – brauche ich kein Google mehr.

Deshalb ist das jetzt gerade eine sehr interessante Zeit – auch bezüglich der Ausschließlichkeit, mit der bestimmte Medienhäuser bisher auf den Google Traffic gesetzt haben. Ich bin überzeugt, dass die persönliche und direkte Nutzerbeziehung in den nächsten Jahren ein sehr entscheidender Erfolgsfaktor werden wird.

Es wird jetzt darum gehen, wem es wie gut gelingt, direkte Beziehungen aufzubauen, über alle möglichen Arten von Subscriber-Modellen.

Bezüglich der Verlage hat Google in den letzten Jahren, umgangssprachlich gesprochen, „die Schrauben immer fester angezogen“. Die Verlage können in Google News weniger selbstbestimmt agieren, verlegerische Kooperationen werden bei der Google-Suche seltener berücksichtigt und Google hatte im Rahmen eines Tests journalistische Inhalte ganz ausgeschlossen. Warum agiert Google zunehmend restriktiv gegenüber den Verlagen?

Ich hatte die ambivalente Beziehung ja bereits beschrieben: Google hat den Verlagen das sehr lukrative Geschäftsmodell „Kleinanzeigen“ fast komplett abgenommen und damit vielen Redaktionen einen wichtigen Baustein ihrer wirtschaftlichen Grundlage entzogen.

Über die Jahre hat Google dann etwa mit der Google News Initiative und dem Google News Showcase immer wieder große Projekte gelauncht, um zu der Publishing-Industrie gute Beziehungen aufzubauen und ihr dabei zu helfen – natürlich via Google –, ihr Publikum zu erreichen und Reichweiten zu generieren, die für Anzeigenkunden interessant sind. So wollte man – aus meiner Sicht – einen Wettbewerber und diskursmächtigen Akteur befrieden. Denn verärgerte Zeitungsverleger:innen könnten national sehr scharf auf Regulierung drängen, wie es etwa in Kanada und Australien der Fall ist.

Mit der Entwicklung der KI-Technologie verändern sich nun erneut die Spielregeln: KI-Systeme können mithilfe sogenannter Crawler die Inhalte direkt bei den Anbietern finden und für die Nutzer:innen aufbereiten. Die ganze Idee von Verlinkung wird damit – zumindest für Textinhalte – Stück für Stück hinfällig, wenn man dem nichts entgegensetzt.

Zudem gibt es noch ein anderes Abhängigkeitsverhältnis: Für die Verlage ist Google auch ein wichtiger Technologieanbieter. Sie nutzen zum Beispiel Accelerated Mobile Pages, AMP, eine Technologie zur besseren Darstellung ihrer Inhalte auf Mobilgeräten, die Google Cloud oder die Arbeitsumgebung Google Workspace. Wie gehen die Verlage mit dieser Abhängigkeit um?

Diese Dynamik wiederholt sich regelmäßig, bei jeder neuen technischen Innovation von Google und anderen Big-Tech-Konzernen. Auch dieses Mal, im Angesicht des Starts von AIO, aber auch der zunehmenden Verbreitung von ChatGPT, müssen Verleger:innen und Chefredakteur:innen sich die Frage stellen: „Wie verhält sich diese Technologie zu unseren Inhalten? Wie bringen wir unsere Angebote in die durch KI-Chatbots oder KI-Funktionen vermittelte digitale Öffentlichkeit?“

Das Wall Street Journal hat jüngst gezeigt, wie stark jetzt die Reichweite eines bisher durch Suchmaschinen-Traffic getriebenen Mediums wie etwa Business Insider durch AIO einbricht. Auf direkte Beziehungen zu den Abonnent:innen ausgerichtete Medienhäuser, wie etwa das Wall Street Journal selbst, sind dagegen fast gar nicht betroffen. Wer ein Abo hat, geht halt direkt zum Anbieter und ist nicht auf Google, ChatGPT und Co. angewiesen.

Die Verlage werden durch AIO künftig nicht mehr so stark auf Google-Reichweite setzen können, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Was mich beunruhigt, ist die Gefahr, dass dem Traffic-Einbruch nicht schnell genug begegnet wird. Dann könnten wir, etwa im Lokaljournalismus, weitere Redaktionen und damit weitere Absender von geprüften und relevanten Informationen verlieren.

Wie hart wird es für den Fachjournalismus werden? Man liest, dass besonders Themen wie Reisen, Kochen, Gesundheit, Garten etc. von AIO betroffen sein werden. Da liefert die KI-Zusammenfassung oft bereits die richtigen Tipps im richtigen Umfang und man muss sich gar nicht erst zu den Fachmedien weiterklicken. Wie dramatisch schätzen sie das ein?

Ich habe mir in Vorbereitung auf unser Gespräch noch einmal angeschaut, bei welchen Themen Google bereits offen zugesteht, da an ChatGPT zu verlieren, und das ist sehr interessant. Google gibt zu, dass sie bei Mathematikinhalten und bei allen Formen von Hausaufgabenunterstützung an ChatGPT verlieren. Das sei allerdings für ihr Geschäftsmodell nicht so schlimm, weil sie in dem Umfeld nicht viele Werbeplatzierungen hätten.

Es zeigt aber, welche Fachmedien besonders in Gefahr geraten könnten, nämlich die, die eher zeitlosen Content bieten. Inhalte, die nicht dauernd aktualisiert und neu recherchiert werden müssen, sind für Large Language Models, LLMs, besonders leicht zu generieren und in KI-Überblicken darzustellen. Das Wertversprechen von Medien, die hauptsächlich derlei Inhalte vertreiben, ist deshalb besonders in Gefahr.

Das merke ich bei mir selbst. Ich habe seit Kurzem einen Garten und Garteninhalte sind relativ zeitlos. Da finde ich via KI schon sehr viele der für mich relevanten Informationen. Wenn ich bezahle, dann für Formate, in denen ein Experte, der Persönlichkeit hat, mich unterhaltsam und inspirierend in seine Gartenwelt mitnimmt.

Grundsätzlich gilt: Inhalte, in deren Recherche und Aufbereitung viel menschliche Arbeit fließen muss, dürfen nicht so frei verfügbar sein, dass die LLMs sie einfach per Crawler in ihre Suchergebnisse einbeziehen können.

Der Gesundheitsjournalist Dennis Ballwieder hat die Zerstörung seiner Apotheken Umschau durch Google Gemini prognostiziert. Unabhängige Verleger:innen haben wegen der KI-Übersicht eine Kartellrechtsbeschwerde gegen Google bei der EU eingereicht. Was kann man Fachmedien raten?

Also ich glaube, dass Fachmedien wirklich so spezialisiert sein müssen, dass sie den Leuten, die in der jeweiligen Branche arbeiten, ein besonders wertvolles Wissen vermitteln. Die starke Verwurzelung und die Expertise in einem Thema werden aber insgesamt im Journalismus immer wichtiger. Und dann geht es um die Frage, wie das Wissen aufbereitet wird, zum Beispiel in der App oder in einem besonders gut kuratierten Medium wie einem YouTube-Channel oder einer Website.

Grundsätzlich gilt: Inhalte, in deren Recherche und Aufbereitung viel menschliche Arbeit fließen muss, dürfen nicht so frei verfügbar sein, dass die LLMs sie einfach per Crawler in ihre Suchergebnisse einbeziehen können. Das gilt eben nicht nur für Fachmedien, sondern etwa auch für Breaking News von Nachrichtenagenturen. Hier ist dringend der Gesetzgeber gefordert, Schutz durch Regulierung zu gewähren.

Wie groß ist das Problem AIO für die Verlage quantitativ, also in Verlusten beim Werbegeschäft? Haben Sie dazu Informationen?

Dazu müssen Sie sich die Jahresberichte und die konkreten Umsatzzahlen anschauen. Wenn ein Haus jährlich eine Millionen Umsatz mit Subscriptions macht, aber fünf Millionen mit Anzeigen, die auf reinem Google-Traffic basieren, dann würde ich denken: Dieses Haus hat ein Problem.

Angeblich verhandeln die großen Verlage hinter den Kulissen mit Google über Kompensations- und Lizenzzahlungen für AIO. Was wissen Sie darüber?

Ein aktuell in Verhandlung befindlicher Case um AIO ist bekannt, nämlich der zwischen Google und der New York Times. Tatsächlich hat dieses Problem aber verschiedene Ebenen.

Erstens: Bei den Verlagen kommt viel weniger organischer Traffic an, wenn Google die Antworten auf bestimmte Anfragen jetzt bereits direkt in seinem AI Overview gibt.

Zweitens: Für diese Antworten werden Teile journalistischer Berichterstattung benutzt, ohne dass Agenturen und Verlagshäuser dafür irgendeine Art von Nutzungsgebühr bekommen. Wie sollen die ihr Business auf Dauer refinanzieren?

Drittens: Journalistische Recherchen werden in KI-generierten Antworten teilweise völlig falsch wiedergegeben. Die KI zitiert dann etwas aus einem journalistischen Text, das dort überhaupt nicht so steht. Das heißt, hier werden die Nutzer:innen irregeleitet, zulasten des Mediums, das als Quelle genannt wird.

Daran kann doch aber auch Google kein Interesse haben. Auch nicht am Niedergang der Content-Produktion der Verlage, oder?

Google und die anderen KI-Anbieter sollten ein Interesse am Fortbestehen von verlegerischen Geschäftsmodellen haben. Denn wie gesagt: Es sind ja auch journalistische Inhalte, die Menschen zur Nutzung ihrer Such- und Antwortmaschinen animieren. Wenn diese Inhalte versiegen, hat auch Big Tech ein Problem. Für unsere gesellschaftlichen und politischen Debatten und Wahlergebnisse wäre die Wirkung sowieso verheerend.

Wir dürfen die Regulierung von Big Tech keinesfalls aus Angst vor wirtschaftspolitischen Konsequenzen verschleppen.

Auf Regulierungsseite muss man sich dringend Gedanken darüber machen, wie man Anbieter, die Qualitätsinhalte erstellen, schützen kann. Dazu zählen etwa Verlage, die Öffentlich-Rechtlichen, Produzenten und Content Creator. Man muss diese Inhalte-Anbieter mit der gesetzgeberischen Kraft vor der Ausbeutung durch KI-Systeme schützen und Nutzungen angemessen vergüten. Hier werden Deutschland und Europa schnell nachjustieren müssen, was mit dem AI-Act und dem DSA, dem Digital Services Act, begonnen wurde. Wir dürfen die Regulierung von Big Tech keinesfalls aus Angst vor wirtschaftspolitischen Konsequenzen verschleppen. Hier steht viel mehr auf dem Spiel als die Umsätze der Medienbranche.

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).


© Markus Glahn
Maria Exner war bis Juli 2020 stellvertretende Chefredakteurin bei Zeit Online, wo sie für die Entwicklung neuer Magazinangebote verantwortlich war. Von Juli 2020 bis April 2022 war sie stellvertretende Chefredakteurin des Zeit Magazins. Seit Mai 2022 ist sie Gründungsintendantin von Publix, dem Haus für Journalismus und Öffentlichkeit.


Gunter Becker
© Eberhard Kehrer

Der Autor Gunter Becker schreibt seit Beginn der 1990er Jahre als freier Autor über elektronische und digitale Medien. Anfangs für Tageszeitungen, z.B. die taz und den Berliner Tagesspiegel und inzwischen vorwiegend für Fachmagazine. Für den Fachjournalist, das Medium Magazin und Menschen Machen Medien verfolgt er die digitale Transformation der Medien, stellt neue Berufsprofile vor und schreibt Service-Beiträge für Medienschaffende.

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