Hier erhalten Sie einen Überblick über das Ressort „Kultur“ und den Beruf „Kulturjournalist/in“:
Grundlagen des Kulturjournalismus
Berichterstattungsgegenstände
Die Bandbreite der Berichterstattung reicht im Kulturjournalismus von der klassischen Literatur-, Theater- oder Filmkritik über die darstellenden Künste bis hin zu medien- und gesellschaftskritischen Themen. In den klassischen Medien erfolgt die kulturjournalistische Berichterstattung im Feuilleton, neben Politik, Wirtschaft und Sport ein festes Ressort in allen Mediengattungen – wenn auch mit einer unterschiedlichen thematischen Ausrichtung.
Wo liegen die Schwerpunkte?
Auf den ersten Blick scheint der Kulturjournalismus thematisch sehr eng begrenzt zu sein. Jedoch gibt es kaum ein Ressort, in dem die Journalisten so viel Freiheit genießen wie im Kulturjournalismus. Während in den großen, überregionalen Medien vor allem große kulturelle Ereignisse wie die Wagner-Festspiele in Bayreuth, die Berlinale oder die Oscar-Verleihung im Vordergrund stehen, sind es bei regionalen Medien – ganz gleich ob Zeitung, Fernseh- oder Radiosender – vor allem die kulturellen Highlights vor Ort. Von der Arbeitsweise her unterscheidet sich der Kulturjournalismus sehr stark von der Tätigkeit in anderen Ressorts: Der Journalist arbeitet hier häufig mit Methoden aus der Kulturwissenschaft. Beispielsweise muss er für einen fundierten Beitrag das Werk eines Schriftstellers, eines Filmemachers oder die Inszenierung eines Theaterregisseurs in den zeitgeschichtlichen Zusammenhang einordnen können.
Journalisten genießen (fast) totale Freiheit
Es gibt in allen Mediengattungen außerdem kein Ressort, in welchem der Journalist seine persönliche Meinung so stark einfließen lassen kann und sogar soll, wie im Kulturjournalismus. Schließlich ist es bis zu einem gewissen Grad immer Geschmackssache, wie das Werk eines Kunstschaffenden beurteilt wird. Seine Meinung, Einschätzung und Beurteilung muss der Journalist natürlich auch gut begründen können. Deshalb haben sich im Lauf der Jahre zahlreiche eigene journalistische Stil- und Darstellungsformen entwickelt, die fast ausschließlich im Kulturjournalismus zu finden sind. Dazu gehören vor allem Rezensionen, bis zu einem gewissen Grad aber auch Essays oder Portraits von Kunstschaffenden.
Kulturjournalisten als Meinungsbildner
Durch diese vielfältigen Aufgaben und Möglichkeiten nehmen Kulturjournalismus eine wichtige Rolle als Meinungsbildner ein. Denn kulturell interessierte Leser, Hörer und Zuschauer informieren sich über aktuelle Neuerscheinungen meist im Kulturteil der Zeitung oder Kultursendungen in Radio und Fernsehen. Die Berichterstattung spielt darüber hinaus eine wichtige Rolle für die Mediennutzer, ob sie ein Buch kaufen oder einen Film schauen wollen.
Gibt es den Kulturjournalismus nur im Feuilleton?
Auch wenn der Kulturjournalismus sehr stark auf das Feuilleton in der Zeitung und auf die entsprechenden Formate in anderen Mediengattungen fokussiert ist, spielt er für andere Ressorts durchaus eine Rolle. Das gilt vor allem für den Serviceteil in den verschiedenen Medien. Beispielsweise finden sich hier aktuelle Veranstaltungshinweise, oft mit einer kurzen Vorstellung der jeweiligen Akteure. Auch im aktuellen Fernsehprogramm finden sich Elemente des Kulturjournalismus. Etwa wenn innerhalb des aktuellen Programms eine neue Serie kurz vorgestellt und rezensiert wird. Diese Aufgaben werden allerdings meist nicht von Kulturjournalisten wahrgenommen, sondern in den jeweiligen Ressorts auch von fachfremden Kollegen bearbeitet.
Rezipienten
Die typische Zielgruppe des Kulturjournalismus sind kulturell interessierte Leser, Hörer und Zuschauer. Der Kreis an Konsumenten hat sich in den vergangenen Jahren erheblich ausgeweitet. Denn noch bis in die 1980er Jahre hinein waren es vor allem Bildungsbürger, die sich für die Themen des Kulturjournalismus interessierten.
Doch seitdem die Journalisten nicht mehr nur Themen der sogenannten Hochkultur aufgreifen, hat der Kulturjournalismus auch ein wachsendes, junges Publikum. So gelten etwa Comics, die noch vor wenigen Jahren eher als Schund belächelt wurden, mittlerweile als eigenständige Kunstform. Gleiches gilt für Unterhaltungsliteratur oder Filme, bei welchen der Unterhaltungsanspruch im Vordergrund steht, die inzwischen auch von Kulturjournalisten besprochen werden.
Nicht zuletzt liegt das wachsende Interesse am Kulturjournalismus auch an der weiten Verbreitung der Neuen Medien. Blogs und Online-Magazine bieten diversen Subkulturen eine Plattform, was dazu beiträgt, dass sich die Leser auch für andere Themen, die im Kulturjournalismus behandelt werden, interessieren.
Bedeutung
In den vergangenen Jahren wurden sowohl das Feuilleton als auch der Kulturjournalismus, von der breiten Masse an Medienkonsumenten lange Zeit eher belächelt. Doch seit etwa 20 Jahren nimmt der Umfang der Berichterstattung im Kulturjournalismus kontinuierlich zu. Das hat mehrere Gründe, wie der Kultur- und Medienwissenschaftler Gunter Reus wissenschaftlich untersuchte.
Der Mediennutzer als Multiplikator
Ein Grund für die wachsende Bedeutung des Kulturjournalismus liegt in der größeren Themenvielfalt. Dadurch wird automatisch eine breitere Leserschicht angesprochen. Selbst wenn die einzelnen Beiträge vielleicht von relativ wenigen Nutzern konsumiert werden, lohnt es sich für das Medium. Denn gerade die Leser, Hörer und Zuschauer, die sich für Kultur interessieren, gelten als besonders treues Publikum, das bei seinem bevorzugten Medium bleibt. Darüber hinaus fungieren diese Nutzer dadurch als Multiplikatoren, indem sie ihre Familie, Freunde und Bekannte auf einen bestimmten Bericht aufmerksam machen. Eine bessere und vor allem günstigere Werbung kann sich kein Medium wünschen.
Fokus Deutschland
Inhaltlich unterscheidet sich der Kulturjournalismus in Deutschland nicht von der Berichterstattung in anderen Ländern. Unterschiede ergeben sich allenfalls aufgrund der Struktur der Medienlandschaft. So ist Deutschland sehr stark von Regionalzeitungen geprägt, die ihre besondere Stärke darin haben, dass sie sehr stark in der Lokalberichterstattung verwurzelt sind. Diese deutsche Besonderheit hat historische Gründe: Denn bis ins letzte Drittel des 19. Jahrhunderts, als sich die Zeitung schon längst als wichtiges Medium etabliert hatte, gab es kein einheitliches Staatsgebiet. Das Land war zersplittert in Hunderte von unabhängigen Fürstentümern und Herrschaften, wodurch sich eine Vielzahl an politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentren entwickelt hatte, aus welchen die Medien berichteten.
Diese Tradition hat sich bis heute gehalten. Die Kulturjournalisten berichten also nicht nur von den Ereignissen und großen Events in kulturellen Metropolen wie Berlin, Hamburg oder München, sondern auch über die Aufführungen von professionellen Laiengruppen oder aus den nächstgelegenen Stadttheatern.
Ab Mitte der 1980er hat sich, ausgelöst vom sogenannten Historikerstreit, ein weitere deutsche Besonderheit im Kulturjournalismus ergeben: Zahlreiche gesellschaftliche Fragen werden vor dem Hintergrund der deutschen Vergangenheit während des 20. Jahrhunderts im Kulturteil ausgetragen. Zu diesen Fragen gehört etwa die Beteiligung deutscher Soldaten in internationalen Konflikten. Der Kulturjournalismus in Deutschland hat sich also auch zu einer Plattform für gesellschaftliche und gesellschaftskritische Fragen entwickelt. Dieser Trend gilt als typisches deutsches Phänomen.
Das Land der Dichter und Denker
Traditionell nimmt die Literatur in Deutschlands Kulturjournalismus einen größeren Stellenwert ein, als es etwa in Großbritannien oder den USA der Fall ist. Neben der Tatsache, dass Deutschland dank Geistesgrößen wie Johann Wolfgang von Goethe oder Friedrich Schiller, welche die abendländische Literatur mit ihren Werken maßgeblich geprägt haben, als Land der Dichter und Denker gilt, liegt das auch an der Struktur der Kulturproduzenten.
Die Filmindustrie etwa – einer der wichtigsten Produzenten von Unterhaltungs- und Kulturgütern – spielt in Deutschland trotz einiger herausragender und international beachteter Produktionen keine nennenswerte Rolle. Darstellende Künstler von Weltruf konzentrieren sich mit ihrem Schaffen und der Präsentation ihrer Werke vorwiegend auf internationale Metropolen, wo sie ein breiteres Publikum und höhere Preise erzielen können. Kulturjournalisten konzentrieren sich deshalb in der Berichterstattung vorwiegend auf kulturelle Ereignisse, die regional einen begrenzten Einzugsbereich besitzen.
Während in den USA die Filmindustrie und in Großbritannien die Musik dank der Metropole London, die als herausragendes Zentrum der Popkultur gilt, in der Berichterstattung der Kulturjournalisten einen relativ großen Raum einnimmt, ist es in Deutschland die Literatur und der zeitgenössische Literaturbetrieb. Auch das gründet auf den vorhandenen Strukturen im Verlagswesen: Während sich die wenigen großen Verlage auf etablierte Autoren wie Günter Grass oder die deutschen Ausgaben internationaler Bestsellerautoren konzentrieren, gibt es eine Vielzahl an kleinen und mittelständischen Verlagen, die ihr Verlagsprogramm auf regionale Belletristik und Sachliteratur ausgerichtet haben. Diese werden in den Medien, für welche diese Themen von Interesse sind, entsprechend berücksichtigt.
Qualitätskriterien
Weil die Berichterstattung im Kulturjournalismus sehr persönlich gefärbt ist, fällt es dem Laien nicht unbedingt leicht, qualitativ hochwertigen Journalismus in diesem Fachbereich zu erkennen. In jedem Fall gilt, dass sich der Journalist an die formalen Kriterien der jeweiligen journalistischen Stilform halten muss. Schreibt er beispielsweise eine Kritik, reicht es nicht aus, dass er schreibt, ob er ein Werk gut oder schlecht findet. Der Journalist sollte seine Meinung mit objektiv nachprüfbaren Kriterien begründen können.
Die Verwendung von Zitaten oder die Darstellung von einzelnen Szenen spricht ebenfalls dafür, dass sich der Journalist ausführlich mit dem Werk beschäftigt hat, bevor er den Bericht verfasst hat. Darüber hinaus kann der Journalist durchaus auf weitere Werke des Künstlers verweisen. Denn bei zahlreichen Künstlern zieht sich ein bestimmtes Motiv wie ein roter Faden durch das Gesamtwerk. Bei deutschen Literaten des 20. Jahrhunderts waren das im Wesentlichen die persönlichen Erfahrungen, die sie in einem der beiden Weltkriege und in der Nachkriegszeit gemacht hatten. Bei ihren literarischen Vorgängern schwang hingegen sehr oft eine unterschwellige Kritik am deutschen Obrigkeitsstaat und der Obrigkeitshörigkeit seiner Bürger mit.
Hintergründe beleuchten
Kulturjournalisten, die erfolgreich arbeiten und hochwertige Berichte liefern wollen, sollten sich also nicht nur mit der Veranstaltung oder dem jeweiligen Werk beschäftigen, sondern auch mit der Biografie des Künstlers, gegebenenfalls mit der Entstehungsgeschichte des Werkes. Ein Beitrag, der mit derartigen Hintergründen gespickt ist, bietet dem Konsumenten schließlich auch einen erheblichen Mehrwert und gewährleistet, dass er seinem Medium treu bleibt. Diese Maxime gilt bei Stilformen wie Essays und Portraits, die im Kulturjournalismus ebenfalls sehr beliebt sind, umso mehr.
Beruf Kulturjournalist
Faszination
Die besondere Faszination des Kulturjournalismus macht vor allem für junge Journalisten aus, dass sie völlig anders arbeiten müssen, als ihre Kollegen in anderen Ressorts. Gerade im Kulturjournalismus können sie ihre Aufgaben nicht vom Schreibtisch aus erfüllen, sondern verbringen einen Großteil ihrer Zeit auf Terminen und Veranstaltungen, wo sie die Gelegenheit haben, faszinierende Menschen kennenzulernen.
Je nachdem, welchen Status das Medium hat, für welches die Kulturjournalisten arbeiten oder welchen Ruf sie selbst genießen, erhalten sie Zugang zu exklusiven Veranstaltungen. Beispielsweise besuchen sie Kunstausstellungen schon bei der Eröffnung, bevor diese für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Auch zu Konzerten, hochkarätigen Theateraufführungen oder Kabarettveranstaltungen ist für Kulturjournalisten der Zutritt in der Regel kein Problem, selbst wenn die Veranstaltung schon ausverkauft ist. Denn die Veranstalter reservieren ein bestimmtes Kontingent an Karten exklusiv für Journalisten. Diese erhoffen sich – egal ob der Journalist positiv oder negativ berichtet – einen Werbeeffekt für künftige Veranstaltungen. Verlage versorgen die Kulturredaktionen und -journalisten ebenfalls großzügig mit Rezensionsexemplaren ihrer aktuellen Neuerscheinungen. Kulturjournalisten sind also stets bestens über die aktuellen Geschehnisse im kulturellen Leben informiert. Für viele junge Journalisten ist allein das schon Anreiz genug, den Beruf des Kulturjournalisten zu erlernen.
Mehr Freiheiten in der Berichterstattung
Darüber hinaus sind Kulturjournalisten sehr viel freier, was die Art der Berichterstattung angeht. Während der Mediennutzer von allen anderen Ressorts in erster Linie umfassend und möglichst sachlich informiert werden will, erwartet er vom Kulturjournalisten geradezu den persönlichen Touch. Hat ein Kulturjournalist erst einmal seinen persönlichen Stil gefunden, der beim Nutzer ankommt, kann sich der Kulturjournalist in seinem Medium sogar als regelrechte journalistische Institution etablieren. So gilt etwa der Münchner Journalist Michael Graeter, der als Vorbild für die Figur des Klatschreporters Baby Schimmerlos in der Fernsehserie Kir Royal diente, auch vielen Kulturjournalisten als Vorbild, weil er eben seinen eigenen, unverwechselbaren Stil entwickelt hatte.
Rollenverständnis
Das Rollenverständnis des Kulturjournalisten hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten radikal verändert. Während er sich in der Vergangenheit als Instanz betrachtete, die darüber richtete, was Kultur war und was nicht, sieht er sich heute auf Augenhöhe mit dem Mediennutzer. Zwar nimmt der Kulturjournalist nach wie vor die Rolle eines Kritikers ein, doch dies ist nur eine von vielen und bei weitem nicht mehr die Wichtigste.
Der Kulturjournalist als Informierer
Die wohl wichtigste Rolle des Kulturjournalisten ist mittlerweile die des Informierers geworden. Denn angesichts der zahlreichen Neuerscheinungen auf dem Buch- und Filmmarkt ist der normale Mediennutzer aufgrund der Vielfalt schier überfordert. Allein auf dem Buchmarkt liegt die Zahl der Neuerscheinungen im mittleren fünfstelligen Bereich pro Jahr. Der Kulturjournalist trifft durch die Titel, die er bespricht, bereits eine Vorauswahl und weist den Nutzer dadurch auf interessante Bücher hin. Das ist natürlich umso einfacher, je homogener die Gruppe der Mediennutzer im jeweiligen Medium ist. Der Kulturjournalist wird bei der Tageszeitung naturgemäß den Geschmack von weniger Lesern treffen als ein Kollege, der für ein Special-Interest-Magazin arbeitet.
Auch für Film und Musik spielt der Kulturjournalist eine wichtige Rolle als Informierer und Erklärer. Er stellt nicht nur die Handlung eines Films dar oder berichtet über die Neuerscheinung oder die anstehende Tournee einer angesagten Band, sondern streut auch Hintergründiges in die Berichte mit ein. Gehen beispielsweise Rock-Giganten wie Metallica oder die Rolling Stones auf Tournee, sollten in den Berichten Informationen über die einzelnen Bandmitglieder oder die Geschichte der Band nicht fehlen. Die jüngere Fangeneration kennt diese Informationen schließlich noch nicht, während die älteren Nutzer vielleicht ihr Wissen gern auffrischen.
Der Kulturjournalist als Kritiker
Einst galten Kulturjournalisten, die sich als Kritiker betätigten, als geachtet und gefürchtet gleichermaßen. Eine Kritik aus der Feder einer Instanz wie Marcel Reich-Ranicki konnte darüber entscheiden, ob ein Titel zum Bestseller oder zum wirtschaftlichen Flop wird. Einen derartigen Einfluss hat mittlerweile kein Kulturjournalist mehr, weil sich der Leser gern seine eigene Meinung bildet und die Kulturberichte eines Mediums in erster Linie als Informationsquelle nutzt. Zudem informiert sich der Nutzer gern in mehreren Medien. Einen Einfluss darauf, ob der Nutzer ein Buch kauft oder einen Film besucht, haben Kulturjournalisten nur insofern, wenn sich mehrere Kollegen im Tenor ihrer Kritik einig sind.
Der Kulturjournalist als Entertainer
Die Rolle des Kulturjournalisten als Entertainer hängt von der Mediengattung ab, in welcher er tätig ist. In Printmedien kann er lediglich versuchen, einen Bericht witzig zu schreiben. Dabei muss er allerdings mit Fingerspitzengefühl vorgehen, weil der Leser unglücklich umgesetzte Kritik an einem Künstler und dessen Werk leicht als Neid auffassen kann.
Im Hörfunk und vor allem im Fernsehen hat der Kulturjournalist wesentlich mehr Möglichkeiten, seine Entertainerqualitäten unter Beweis zu stellen. Beispielsweise kann er eine Buch- oder Filmbesprechung als Dialog zweier Moderatoren inszenieren, um den Beitrag lebendiger erscheinen zu lassen. Noch wichtiger als im Radio ist die Inszenierung des Beitrages im Fernsehen. Um den Beitrag interessant zu gestalten, kann der Kulturjournalist etwa den Künstler ein paar Stunden lang von der Kamera begleiten lassen, sodass der Beitrag entsprechend aufgelockert wird.
Der Kulturjournalist als Agenda-Setter
Sehr oft sind es mittlerweile Kulturjournalisten, die neue Trends entdecken und diese Publik machen. Ein Grund dafür liegt darin, dass sich neue Subkulturen, die sich meist in den Metropolen entwickeln, möglichst breit gefächert von ihrer Umwelt abheben wollen. Als Paradebeispiel dafür darf die Hip-Hop-Kultur gelten, die sich während der 1980er Jahre entwickelt hatte. In nur wenigen Jahren hatten die Vertreter dieser Subkultur neben einer eigenen Mode auch eine eigene Musikrichtung etabliert, die durch die Berichterstattung in den Medien von einer breiten Schicht von Jugendlichen angenommen wurde und mittlerweile als wichtiges Element der Popkultur gilt.
Beschäftigungsformen
Wie in allen anderen Ressorts arbeiten auch Kulturjournalisten entweder in Festanstellung oder als Freelancer. Die besten Chancen für eine Festanstellung bieten Fachmagazine, aber auch Hörfunk und Fernsehen, die für die Produktion ihrer Sendungen mit einem größeren Personalstab arbeiten als Printmedien.
Kulturjournalisten in Festanstellung
Im Unterschied zu anderen Ressorts ist die Rotation im Kulturjournalismus relativ gering. Für junge Journalisten, die in Festanstellung als Kulturjournalist arbeiten möchten, empfehlen sich deshalb zunächst ressortunabhängige Bewerbungen, sofern keine freie Stelle gezielt ausgeschrieben ist. Sie können zusätzlich Referenzen für das Ressort sammeln und sich intern oder bei anderen Medien bewerben.
Kulturjournalisten als Freelancer
Gerade im Bereich des Kulturjournalismus sind viele Medien darauf angewiesen, dass sie von Freelancern beliefert werden. Rezensionen werden ebenso gerne von den Redaktionen an ihre freien Mitarbeiter übergeben wie die Berichterstattung von kulturellen Events. Der Grund: Im redaktionellen Alltag fehlt den Redakteuren oft die Zeit, sich angemessen mit dem Werk eines Künstlers zu beschäftigen, weil tagesaktuelle Berichte Vorrang haben. Auch von Veranstaltungen berichten häufig Freelancer.
Das betrifft sowohl Veranstaltungen von regionalem Interesse als auch hochkarätige Events. Im ersten Fall sind die Freiberufler schlicht näher am Geschehen und kennen die einzelnen Akteure vielleicht von früheren Veranstaltungen her. Dadurch können sie eine hochwertigere Berichterstattung gewährleisten als die Redakteure der Zentralredaktion. Bei hochklassigen Veranstaltungen hat die Berichterstattung durch Freelancer meist einen ganz praktischen Hintergrund: Bei Events wie den Filmfestspielen in Cannes oder der Berlinale berichten Pressevertreter aus aller Welt. Die Kontingente an Pressekarten sind entsprechend limitiert, sodass die Berichte von akkreditieren Journalisten gern von mehreren Medien geordert werden.
Bei anderen Gelegenheiten wie der Leipziger Buchmesse ist die Masse an interessanten Ausstellern und Neuerscheinungen schlicht so groß, dass ein einzelner Kulturjournalist allenfalls einen groben Überblick über die Messe geben kann. Die Kulturjournalisten nutzen die Messe deshalb gern, um neue Kontakte zu knüpfen und bearbeiten Buchbesprechungen, aber auch Künstlerportraits und ähnliches anschließend gern in einem Team aus freien Mitarbeitern und Redakteuren.
Beschäftigungsmöglichkeiten
Da der Kulturjournalismus zu den klassischen journalistischen Ressorts zählt, wird er von jeder Mediengattung berücksichtigt. Kulturjournalisten finden Beschäftigungsmöglichkeiten also sowohl bei Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen als auch bei Rundfunk- und Fernsehsendern.
Nachrichtenagenturen kommen als Arbeit- und Auftraggeber allenfalls am Rande in Frage. Die Zahl der kulturellen Veranstaltungen, die tatsächlich überregional von Interesse sind, ist zu gering, als dass eine tagesaktuelle Berichterstattung für Spezialisten möglich wäre. Andererseits werden die fraglichen Redaktionen von den Presseabteilungen der Literaturverlage, Filmverleiher und -produktionen beliefert, sodass sich auch hier kein Betätigungsfeld für Kulturjournalisten ergibt.
Pressestellen und PR-Agenturen hingegen kommen als Auftraggeber sehr wohl in Frage. Der Vorteil, den Kulturjournalisten hier haben: Aus dem redaktionellen Alltag wissen sie, auf welche Informationen die Kollegen in den Redaktionen Wert legen. Sie können die Berichte also entsprechend aufbereiten.
Berufsaussichten
Angesichts der wachsenden Bedeutung des Kulturjournalismus gelten die Berufsaussichten als hervorragend. Der direkte Einstieg in eines der klassischen Medien ist für Berufsanfänger, die in Festanstellung arbeiten möchten, allerdings nicht unbedingt einfach. Dafür gibt es im Wesentlichen zwei Gründe:
Die Personaldecke ist in diesem Ressort vergleichsweise dünn, weshalb durch die übliche Fluktuation eher selten Stellen frei werden. Zudem arbeiten die Redaktionen gerade im Kulturjournalismus gern mit einem festen Team zusammen. Die Leser, Zuhörer und Zuschauer gelten in diesem Bereich als besonders treu und schätzen eine gewisse Kontinuität in der Berichterstattung.
Freelancer mit Kreativität sind gefragt
Für Freelancer hingegen stehen die Berufsaussichten bestens. Sie können zunächst damit beginnen, einen Teil des kulturellen Angebots zu bearbeiten und sich dadurch einen treuen Kreis an Stammlesern und einen festen Platz im Team erarbeiten. Sie brauchen mehr als Journalisten aus anderen Ressorts ein Gespür für das Thema und die Ansprüche der Mediennutzer.
Die Neuen Medien haben die Chancen für Einsteiger in den Kulturjournalismus noch wesentlich erhöht. Auf Blogs und in Online-Magazinen können sich junge Kulturjournalisten mit einem Faible für einzelne Aspekte aus dem Kulturbetrieb, etwa Fantasyliteratur, schnell einen Status als Experte erarbeiten und sich so weit im Kulturjournalismus etablieren, dass sie relativ schnell auch für klassische Medien Beiträge verfassen können.
Arbeitsprozesse im Kulturjournalismus
Themenfindung
Stärker als in anderen Ressorts werden im Kulturjournalismus die Themen durch die Kulturschaffenden vorgegeben. Denn auf aktuelle Neuerscheinungen hat der Kulturjournalist ebenso wenig Einfluss wie auf die Terminierung von kulturellen Veranstaltungen. Eigene Akzente setzt der Kulturjournalist deshalb bei den Themen, über welche angesichts der riesigen Vielfalt in welchem Umfang berichtet wird. Auch durch die Wahl der journalistischen Stilform hat er einen enormen Einfluss auf die Präsentation des Themas in seinem Medium. Das Ressort bietet dem Kulturjournalisten die Möglichkeit, an ein Thema komplett anders heranzugehen und sich dadurch von der Konkurrenz abzuheben.
Beispielsweise kann er die Ausstellung einer Künstlergruppe in Form einer Reportage darstellen. Dann begleitet er etwa die Künstler beim Aufbau der Ausstellung und bringt zusätzlich ein kleines Portrait aller beteiligten Künstler statt nur über die offizielle Vernissage zu berichten. Welche Themen bearbeitet werden und wie sie präsentiert werden, ist im Kulturjournalismus sehr abhängig vom Medium. Eine Buchbesprechung etwa lässt sich im Radio oder Fernsehen nur extrem schwierig interessant darstellen, während sich Filmbesprechungen im Fernsehen sehr leicht darstellen lassen: Die Besprechung kann hier einfach mit Szenen aus dem Film untermalt werden, sodass der Zuschauer einen Vorgeschmack auf den Film bekommt. Reportagen hingegen lassen sich mit den jeweils medienspezifischen Stilmitteln grundsätzlich in allen Mediengattungen gut umsetzen.
Recherche
Grundsätzlich ist der Rechercheaufwand im Kulturjournalismus höher als die Tätigkeit in anderen journalistischen Ressorts. Denn mit dem Lesen eines Buches, dem Schauen eines Films oder dem Besuch eines Events hat die Recherchearbeit in vielen Fällen eigentlich erst begonnen.
Der Kulturjournalist informiert sich anschließend meist noch über den Künstler und sein gesamtes Schaffen. Für diese Recherche nutzt er üblicherweise alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, vom persönlichen Gespräch bis hin zu Informationen, die er im Internet findet. Art und Umfang der Recherche richten sich dabei stark danach, auf welche Art der Kulturjournalist das Thema aufbereiten will und wie viel Platz ihm dafür eingeräumt wird. Während er für eine Rezension meist nur Hintergrundinformationen sammelt, die er teilweise in seinen Beitrag einfließen lassen kann, ist für ein Portrait oft ein langes, persönliches Gespräch mit dem Künstler, seiner Familie und Weggefährten unerlässlich.
Eine Besonderheit gibt es im Kulturjournalismus außerdem im Hinblick auf die journalistische Sorgfaltspflicht: Der Kulturjournalist sollte die Informationen dahingehend prüfen, ob sie sachlich korrekt sind. Das betrifft beispielsweise die korrekte Wiedergabe von Geburtstagen oder Stationen im Leben eines Künstlers. Abgesehen davon kann der Kulturjournalist auf Gegenrecherche verzichten, da sowohl der Gegenstand der Berichterstattung als auch diese selbst sehr subjektiv gefärbt sind.
Darstellungsformen
Mehr als in anderen Ressorts erwartet der Nutzer, dass der Medienjournalist einen persönlichen Stil entwickelt, weshalb auch persönliche Eindrücke erwünscht sind. Das erfordert gerade am Anfang der Tätigkeit ein gutes Fingerspitzengefühl, das sich erst im Laufe der Zeit zur Routine entwickeln kann. Denn ganz gleich, welche journalistische Stilform der Kulturjournalist für einen Beitrag wählt, die formalen Grundsätze und Regeln, an die sich der Journalist halten muss, gelten auch in diesem Ressort. Das Schreiben und Texten für den Kulturjournalismus kann der Journalist deshalb auch nur bis zu einem gewissen Grad erlernen.
Kulturjournalismus in den Medien
Mediengattungen
Der Bereich des Kulturjournalismus gilt als klassische Domäne der Printmedien. Denn hier lässt sich die ganze Bandbreite des kulturellen Lebens mit allen beliebigen journalistischen Stilformen darstellen. Darüber hinaus hat jede klassische Mediengattung ihre Schwerpunkte im Kulturjournalismus entwickelt.
Kulturjournalismus in den Printmedien
Rezensionen sind die große Stärke des Kulturjournalismus in den Printmedien. Denn Buchbesprechungen lassen sich mit dem geschriebenen Wort ebenso gut darstellen wie die Besprechung einer Theaterinszenierung oder eine Filmkritik. Allerdings muss der Kulturjournalist ein besonderes Augenmerk auf die verwendeten Formulierungen legen, falls er Musik oder ein visuelles Thema bespricht. Denn er kann allenfalls ein passendes Foto auswählen, um dem Leser einen optischen Eindruck zu vermitteln. Vor allem in Printmedien wird außerdem gern vorab über kulturelle Events berichtet. Die Kulturjournalisten können dem Leser hier bereits wichtige Informationen zum Event und den beteiligten Künstlern geben.
Kulturjournalismus im Radio
Die Welt der Musik bildet den Schwerpunkt des Kulturjournalismus im Radio, weil das Medium hier seine Stärken voll ausspielen kann. Sowohl die Besprechungen von Neuerscheinungen als auch die Portraits von Musikern und Bands lassen sich dadurch auflockern, dass bei passender Gelegenheit einzelne Titel eingespielt werden. Darüber hinaus bieten die öffentlich-rechtlichen Sender ein umfangreiches Kulturprogramm, das auf eigenen Frequenzen ausgestrahlt wird. Die Kulturjournalisten beleuchten hier das kulturelle Leben in seiner ganzen Bandbreite.
Kulturjournalismus im Fernsehen
Weil die Zielgruppe relativ beschränkt ist, wird dem Kulturjournalismus im Fernsehen meist ein Sendeplatz zu vorgerückter Stunde eingeräumt, wo auch Literatur ausführlich besprochen wird. Gern verwendet wird hier das Format der Talkshow. Eignet sich das Thema auch für eine andere Darstellungsform, etwa eine Reportage, werden kulturelle Themen auch gern im Rahmen anderer Magazine berücksichtigt. Aktuelle Trends aus dem Bereich der Jugendkultur bieten sich hier beispielsweise an. Weitere Formate wie die legendäre Musiksendung Formel 1 sollen in erster Linie unterhalten.
Kulturjournalismus im Onlinejournalismus
Für den Onlinejournalismus gelten für die verschiedenen Formate grundsätzlich dieselben Kriterien wie in den klassischen Medien. Die Kulturjournalisten haben in diesem Bereich allerdings mehr Möglichkeiten, was die Darstellungsform angeht. Sie können beispielsweise einzelne Songs oder Clips in ihren Beitrag einblenden und dadurch bis zu einem gewissen Grad multimedial berichten.
Kulturjournalismus im Fotojournalismus
Für Fotojournalisten spielt der Kulturjournalismus eher eine untergeordnete Rolle. Denn im Normalfall werden die Redaktionen mit passendem Bildmaterial von Verlagen und Produzenten versorgt. In diesem Fall müssen Fotojournalisten allenfalls das passende Bild für einen Beitrag auswählen. Lediglich bei Veranstaltungen wie Konzerten ist der Einsatz von Fotojournalisten gefragt. Und gerade hier ist das Können des Fachmannes auch erforderlich. Denn sehr oft muss unter schwierigen Lichtverhältnissen fotografiert werden, weshalb ein fotografischer Laie hier auch mit modernster Kameratechnik kaum brauchbare Bilder liefern kann.
Medienangebote
Nachdem es sich beim Kulturjournalismus um eines der fünf klassischen journalistischen Ressorts verzichtet keine Mediengattung auf eine entsprechende Berichterstattung. Während die großen Tageszeitungen versuchen, weitgehend die gesamte Bandbreite des kulturellen Lebens zu erfassen, konzentrieren sich zahlreiche Special-Interest-Magazine auf einzelne Facetten des kulturellen Lebens.
Die Zeitschrift Artic widmet sich den Bereichen Literatur, Philosophie und darstellende Kunst. Dabei verfolgt die Redaktion einen interdisziplinären Ansatz.
Das Magazin Artist versteht sich als Publikation für zeitgenössische Kunst. Dieses Magazin aus Bremen erscheint in dreimonatigem Turnus und deckt von Ausstellungsbesprechungen bis hin zu Künstlerportraits ein breites Spektrum ab.
Die monatlich erscheinende Kulturzeitschrift Kulturnews wird bundesweit in einer Auflage von 200.000 Exemplaren vertrieben. Beleuchtet werden Kultur, Entertainment und Film, der deutliche Schwerpunkt liegt jedoch im Bereich Musik.
Seit 2005 bildet das Radiofeuilleton mit einer werktäglichen Dauer von sechs Stunden das redaktionelle Herzstück von Deutschlandradio Kultur. Kultur und Wissenschaft stehen im Mittelpunkt dieser Sendung.
Die meisten Landesrundfunkanstalten der öffentlich-rechtlichen Hörfunksender senden auf einer eigenen Frequenz rund um die Uhr ein ausführliches Kulturprogramm. Am umfangreichsten wird der Kulturjournalismus vom Bayerischen Rundfunk, dem Norddeutschen Rundfunk, dem MDR, dem Saarländischen Rundfunk und dem Südwestrundfunk berücksichtigt.
Seit Mai 2011 beleuchtet der zdf.kulturpalast jeweils donnerstags das kulturelle Leben, von der Hoch- bis hin zur Netzkultur. Für die hohe Qualität der Berichterstattung spricht die Nominierung für den Grimme-Preis „Information und Kultur“ im Jahr 2013.
Kultur, aber auch kulturpolitische Themen behandelt das Fernseh-Magazin Kulturzeit auf 3sat. Diese Sendung wird seit 1995 als Koproduktion von ZDF und ARD produziert.
„DAS Auge“ hat sich als eines der führenden Online-Magazine für Kunst, Kultur sowie Literatur etabliert. Das E-zine deckt ein breites Spektrum ab und informiert in seinem Eventkalender über verschiedene kulturelle Veranstaltungen.
Das Online-Magazin publiziert täglich Buchrezensionen aus Printmedien und weist die Besucher auf lesenswerte Feuilletons hin. Zusätzlich bietet das Magazin eine Suchfunktion, mit welcher Interessenten auch umfangreiche Literaturrecherchen durchführen können.
Kulturjournalismus im Wandel der Zeit
Historie
Der Kulturjournalismus blickt mittlerweile auf eine rund 200jährige Geschichte zurück. Denn schon bei den ersten Zeitungen gehörten Rezensionen von Büchern oder Theaterstücken ebenso zum redaktionellen Inhalt wie der Abdruck von Gedichten oder Auszügen aus Romanen. Der Begriff Feuilleton als Ressort, in welchem der Kulturjournalismus in erster Linie seinen Platz findet, setzte sich im Zuge der Französischen Revolution durch. Der Journalist bezeichnete seine regelmäßige Rubrik im Journal des Débats, in welcher er Bücher und Theateraufführungen besprach, als Feuilleton. Diese Rubrik wurde zunächst aber noch nicht im Hauptblatt veröffentlicht, sondern in einer Beilage, in welcher ausschließlich kulturelle Nachrichten und Kritiken veröffentlicht wurden. Erst nachdem diese Beilage äußerst gern gelesen wurde, fanden Kulturnachrichten Eingang ins Hauptblatt. Deutsche Zeitungen folgten dem französischen Vorbild zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
Berühmte Persönlichkeiten arbeiten als Kulturjournalisten
Nachdem das Feuilleton zu einem festen Bestandteil der Zeitungen geworden war – als klassisches fünftes Zeitungsressort etablierte sich der Kulturjournalismus gegen Mitte des 19. Jahrhunderts – arbeiteten zahlreiche berühmte Persönlichkeiten auch im Kulturjournalismus. Beispielsweise verfassten die Musiker Engelbert Humperdinck und sogar Richard Wagner Musikkritiken, die in der Frankfurter Zeitung veröffentlicht wurden. Wissenschaftler wie Alexander von Humboldt oder Justus Liebig nutzten den Kulturjournalismus, um ihre Erkenntnisse zu publizieren.
Ein journalistisches Experimentierfeld
Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts hinein bot der Kulturjournalismus also Platz für zahlreiche journalistische Experimente. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde mit dem Fortsetzungsroman ein Element aufgenommen, das auch heute noch in zahlreichen Tageszeitungen zu finden ist – heute allerdings im Unterhaltungsteil. Damals waren diese Romane für die Verleger eine günstige Gelegenheit, um den Platz zu füllen und zugleich die Leser an das Medium banden.
Die Kulturnachrichten werden erwachsen
In den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts entwickelte sich der Kulturjournalismus in der Form, wie man ihn heute kennt. Zu verdanken ist das vor allem dem Kritiker Ludwig Börne und dem Schriftsteller und Journalisten Heinrich Heine. In den folgenden Jahren übernahmen alle weiteren Printmedien die Art des Kulturjournalismus, wie ihn vor allem Frankfurter Zeitung und Berliner Tagblatt vormachten. Berichtet wurde größtenteils über die Hochkultur, weil die Zeitungen vor allem das Bildungsbürgertum als Zielgruppe ansahen.
In den folgenden Jahrzehnten galt der Kulturteil vor allem bei den überregionalen Zeitungen als redaktionelles Flaggschiff, das sich an einen elitären Leserkreis richtete. Kulturjournalismus wurde also bis in die 1980er Jahre hinein nur von einer kleinen Minderheit der Medienkonsumenten beachtet.
Historikerstreit löst Wandel aus
Dies änderte sich ab 1986, als der sogenannte Historikerstreit über die deutschen Feuilletons ausgetragen wurde. Ausgelöst hatte diesen Streit der Philosoph und Historiker Ernst Nolte, der die Frage formuliert hatte, ob der Holocaust eine logische Folge-Reaktion auf sowjetische Gulags gewesen sei. Der Philosoph Jürgen Habermas warf Nolte daraufhin öffentlich Revisionismus vor, durch den ein neues Nationalbewusstsein dadurch entstehen solle, dass die deutsche Vergangenheit abgeschüttelt werde. Nolte und Habermas hatten damit eine öffentliche Debatte ausgelöst, die sich über ein Jahr hinziehen sollte und die in erster Linie im Feuilleton ausgetragen wurde.
Diese Tradition dieser gesellschaftspolitischen Diskussion hat sich im Kulturjournalismus mittlerweile zu einer deutschen Besonderheit entwickelt. Denn vor allem nach dem Berliner Mauerfall wurden wichtige zeithistorische Fragen in Zusammenhang mit der deutschen Einheit im Feuilleton aufgegriffen. Vor allem während der 1990er Jahre haben Themen wie das Holocaust-Mahnmal oder die Beteiligung deutscher Truppen an den UNO-Friedensmissionen in Ex-Jugoslawien den Kulturjournalismus in Deutschland geprägt.
Parallel dazu hat sich das Internet weltweit verbreitet, sodass sich der Mediennutzer selbst alle Informationen, die ihn interessieren, suchen kann. Der Kulturjournalist hat also gewissermaßen seinen Nimbus verloren, zur Informations-Elite zu gehören, der den Mediennutzer bilden soll. Er ist eher zu einem Moderator geworden, der sich auf Augenhöhe mit dem Leser, dem Hörer oder dem Zuschauer befindet.
Das Interesse an kulturellen Themen wächst
Nicht zuletzt dieser Ausweitung auf gesellschaftliche Fragen ist es zu verdanken, dass der Kulturjournalismus eine sehr viel breitere Schicht an Medienkonsumenten erreicht. Gegenwärtig ist die Medienlandschaft im Bereich des Kulturjournalismus so vielfältig wie noch nie, wie die zahlreichen Gründungen von Magazinen seit den 1990er Jahren zeigt.
Ausblick
Der Trend, der sich für den Kulturjournalismus seit einigen Jahren abzeichnet, dürfte sich auch künftig fortsetzen. Dazu beigetragen hat einerseits die Ausweitung des Ressorts auf gesellschaftskritische Themen, aber andererseits auch die Akzeptanz der Kulturjournalisten von Comics, Pop-Art und Jugendkultur als Teil des gesamten kulturellen Spektrums – Comics etwa gelten inzwischen als eigene Kunstform. Auch das Internet und die sogenannte Netzkultur, die sich auf zahlreichen Social Media-Plattformen entwickelt, ist inzwischen das Thema des Kulturjournalismus.
Vielfalt oder Spezialisierung
Dass die Bedeutung des Kulturjournalismus künftig noch steigern wird, ist unter Experten unumstritten. Fraglich ist hingegen die Richtung, in die er sich entwickelt wird. Während zahlreiche Medien noch hauptsächlich über die klassischen Bereiche Literatur, Theater, darstellende Kunst und Film berichten und das Angebot sukzessive um weitere Aspekte ergänzen, haben andere Medien das Konzept bereits umgestellt. Die taz beispielsweise arbeitet kulturjournalistisch mit themenoffenen Seiten, auf welchen die verschiedensten Facetten präsentiert werden.
Auch bei Fachzeitschriften lässt sich noch kein genereller Trend ausmachen. Während Magazine wie Rolling Stone einen deutlichen Schwerpunkt setzen, wollen andere Magazinmacher ein möglichst breites kulturelles Spektrum abdecken. Gewissermaßen ist der Kulturjournalismus also ein Experimentierfeld sowohl bei klassischen als auch bei neuen Medien geblieben.
Für angehende Kulturjournalisten bedeutet das: Sie können künftig wohl noch experimentierfreudiger ans Werk gehen, als es in der Vergangenheit der Fall war. Sie können bei etablierten Projekten einsteigen oder eigene Projekte ins Leben rufen und sich dadurch eine treue Stammleserschaft erarbeiten. Die Chancen stehen naturgemäß besonders gut, wenn sie sich sehr gut in einen Teilbereich des kulturellen Lebens eingearbeitet haben und hier einen gewissen Expertenstatus genießen.
Ausbildung zum Kulturjournalisten
Allgemeine Hinweise
Angehende Journalisten, die sich auf den Bereich Kulturjournalismus spezialisieren wollen, brauchen neben einem grundsätzlichen Interesse an kulturellen Themen vor allem ein breit gefächertes Allgemeinwissen. Schließlich müssen sie im Alltag einen Künstler und dessen Werk auch im zeitgeschichtlichen Zusammenhang einordnen können. Hilfreich ist es für Berufsanfänger darüber hinaus, wenn sie die wichtigsten Schlüsselmedien und Recherchequellen kennen.
Gibt es eine Ausbildung zum Kulturjournalisten?
Nachdem der Kulturjournalismus zu den klassischen Ressorts der Medien zählt, gehört ein Einblick in das Ressort zum Ausbildungsprogramm aller Journalistenschulen. Darüber hinaus können angehende Kulturjournalisten gezielt Studiengänge an verschiedenen Hochschulen belegen. Die Berliner Universität der Künste bietet seit 2003 einen Studiengang Kulturjournalismus an. „Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus“ lautet der Name des Bachelor-Studienganges, den die Universität Hildesheim seit 1999 anbietet. Die Studenten sollen hier das Handwerk des sach- und mediengerechten Schreibens erlernen. Einen eigenen Studiengang Kulturjournalismus unter dem Aspekt „Der Journalist als Kulturvermittler“ bietet außerdem die Macromedia Hochschule für Medien und Kommunikation an den Standorten München, Hamburg, Berlin und Köln an. Die Interessenten müssen die Fachhochschulreife oder Hochschulreife besitzen, eine journalistische Arbeitsprobe vorlegen, einen Eignungstest bestehen und ein persönliches Gespräch absolvieren, bevor sie hier studieren können.
Im Anschluss an dieses Fachstudium müssen die angehenden Kulturjournalisten üblicherweise ein Volontariat absolvieren. Natürlich stehen die Chancen nach dem bestandenen Studium höher, dass sie direkt bei einem Fachmedium oder in ihrem Wunschressort bei Zeitungen, Hörfunk- oder Fernsendern einsteigen können.
Volontariat
Junge Journalisten, die sich auf den Kulturjournalismus spezialisieren wollen, haben im Rahmen des Volontariats mehrere Möglichkeiten, den Einstieg ins Wunschressort zu schaffen. Am höchsten stehen die Chancen, bei den öffentlich-rechtlichen Hörfunk- und Fernsehanstalten, die gemäß ihres publizistischen Auftrages ein besonders breit gefächertes Kulturprogramm bieten. Ansonsten bieten sich für ein Volontariat die zahlreichen Fachmedien im Print- und Onlinejournalismus an, sofern sich diese in der Ausbildung junger Journalisten engagieren.
Sollte dieser Weg nicht klappen, ist der Weg in den Kulturjournalismus dennoch nicht verbaut. Am höchsten stehen die Chancen auf ein Volontariat bei den Regionalzeitungen oder regionalen Sendern, die auch insgesamt einen großen Teil des journalistischen Nachwuchses ausbilden. Hier rotieren sie im Rahmen des Volontariats durch mehrere Ressorts, wobei sie etwa je die Hälfte der Zeit in einem der Mantelressorts und in einer der Lokalredaktionen arbeiten. Die Chancen, im Kulturressort zu arbeiten, stehen hier also aufgrund der wenigen Planstellen, die dort besetzt werden, eher schlecht. Allerdings können sie sich in den Lokalredaktionen bis zu einem gewissen Grad auf Kulturjournalismus spezialisieren. Zudem genießen sie durch den Einblick in andere Ressorts eine breit gefächerte Ausbildung und haben für das spätere Berufsleben im Vergleich zu reinen Fachjournalisten eher eine Alternative. Der scheinbare Nachteil kann sich also auch als Vorteil erweisen.
Journalistenschule
Kulturjournalismus gehört zu den traditionellen Ressorts aller Mediengattungen. Deshalb wird dieser Fachbereich in allen Journalistenschulen unterrichtet. Speziell auf das Ressort Kulturjournalismus ist keine Journalistenschule ausgerichtet.
Zweifachstudium
Ein direktes Zweifachstudium, bei dem das journalistische Handwerk in Verbindung mit einer fachspezifischen Ausbildung kombiniert wird, gibt es an deutschen Hochschulen nicht. Lediglich das Institut für Kulturarbeit und Weiterbildung in Köln bietet berufsbegleitend einen Kurs Kulturjournalismus an.
Eine weitere Möglichkeit für angehende Kulturjournalisten besteht darin, dass sie während der allgemeinen Ausbildung zum Journalisten an einer Fernhochschule ein Kunststudium wie Kunstpädagogik belegen. Dieser Weg ist allerdings sehr zeitintensiv und eignet sich deshalb nur bedingt.
Quereinstieg
Wer eigentlich einen anderen Beruf erlernt hat und hauptberuflich in den Kulturjournalismus umsteigen möchte, hat mehrere Möglichkeiten. Am leichtesten fällt der Umstieg Berufstätigen, die ihre erste Ausbildung im künstlerischen Bereich genossen haben. Den fachlichen Hintergrund bringen sie aus dem vorherigen Beruf mit, sodass sie lediglich noch eine journalistische Ausbildung absolvieren müssen. Die können sie sich nach einem erfolgreich absolvierten Hochschulstudium wie Kunstpädagogik oder Literaturwissenschaft auch mit mehrjähriger Berufserfahrung in einem anderen Bereich durch ein Volontariat aneignen. Alternativ können sie in Einrichtungen wie der Freien Journalistenschule ein Fernstudium zum Journalisten absolvieren.
Etwas schwieriger aber nicht unmöglich stellt sich der Quereinstieg in den Kulturjournalismus für Berufstätige dar, die weder im künstlerischen Bereich noch im Journalismus eine Ausbildung absolviert haben. Sie brauchen vor allem ein großes Interesse an der Materie und müssen bereit sein, sich zunächst in ihrer Freizeit zu engagieren. Sie können sich beispielsweise bei ihrer örtlichen Lokalzeitung als freie Mitarbeiter bewerben und für die Redaktion ausschließlich kulturelle Themen bearbeiten. Hier finden sie ein breites Betätigungsfeld, da während des Jahres in fast jeder Kommune zahlreiche kulturelle Veranstaltungen abgehalten werden. Dadurch sammeln sie zumindest die ersten journalistischen Erfahrungen und können bei Bewerbungen – sofern sie ein Volontariat absolvieren möchten und die Voraussetzungen dafür erfüllen – bereits Arbeitsproben vorlegen. Denn mit Kulturjournalismus für Lokalredaktionen können die Journalisten wegen der relativ niedrigen Honorare, die hier bezahlt werden, ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten. Für so machen Freelancer bietet diese Option allerdings einen attraktiven Nebenverdienst und die Möglichkeit, das Hobby zumindest teilweise zum Beruf zu machen.
Ist ein direkter Quereinstieg möglich?
Auch ein direkter Quereinstieg in den Kulturjournalismus ist möglich, allerdings mit einigem Aufwand verbunden. Die Fans einer bestimmten Literaturgattung wie Fantasy- oder Horrorliteratur, einer Musikrichtung oder eines Filmgenres können den Einstieg dadurch schaffen, dass sie regelmäßig in Fanzines veröffentlichen. Möglichkeiten dafür finden sie sowohl im Internet als bei zahlreichen Fanzines, die in gedruckten Ausgaben erscheinen. Oder sie gründen zusammen mit Gleichgesinnten ihr eigenes Webprojekt, für das sie regelmäßig schreiben. Sobald sie sich auf diese Art eine treue Lesergemeinde erarbeitet haben, können sie mit diesen Referenzen im Rücken auch an verschiedene Medien herantreten und sich als Freelancer für bestimmte Teilbereiche des Kulturjournalismus anbieten.
Die wichtigste Voraussetzung dafür ist eine gewisse Leidenschaft für die Thematik und vor allem ein sehr fundiertes Hintergrundwissen über ihr jeweiliges Spezialgebiet. Je nachdem, um welches Spezialgebiet es sich handelt, haben Interessenten hervorragende Chancen, zumindest als Freelancer Fuß fassen zu können und regelmäßig verschiedene Redaktionen mit ihren Beiträgen versorgen zu können. Der Grund dafür ist relativ einfach: Bei den Kulturjournalisten in den Redaktionen handelt es sich meist um Generalisten, die zwar grundsätzlich in der Materie Bescheid wissen, die sich jedoch das für zahlreiche Beiträge erforderliche Spezialwissen erst aneignen müssten. Im redaktionellen Alltag und im Produktionsstress bleibt jedoch nicht viel Zeit für eine tiefgreifende und fundierte Recherche. Für die Redakteure ist es deshalb einfacher, bestimmte Beiträge von Freelancern erstellen zu lassen. Und auch in den großen Kultur-Redaktionen sind nicht zwangsläufig Experten für jedes Thema verfügbar, da der Kulturjournalismus einen zu breit gefächerten Themenbereich abdeckt. Diese Lücken sind die große Chance für Quereinsteiger aus völlig branchenfremden Berufen.