von RA Frank C. Biethahn (Vertragsanwalt des DFJV)
Immer wieder stehen Journalisten vor der Frage, ob Personenfotos veröffentlicht werden dürfen oder nicht. Daher sollte man sich in dieser Frage mit den rechtlichen Grundlagen wenigstens grob vertraut machen. Anlass hierzu gibt auch ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH).
Vorab soll an dieser Stelle kurz auf das Urheberrecht hingewiesen werden:
Hat der Veröffentlichende das Foto nicht selbst gefertigt, muss er dafür Sorge tragen, ausreichende Rechte für die beabsichtigte Veröffentlichung zu erhalten – nicht immer einfach, weil Zweifel oft zu seinen Lasten gehen, vgl. § 31 Abs. 5 UrhG. Hat er es selbst gefertigt, muss er prüfen, ob fremde Urheberrechte der Veröffentlichung entgegenstehen könnten. Hat er – z. B. auch im Rahmen von § 38 UrhG – jemand anderem Urheberrechte eingeräumt, die seiner Veröffentlichung im Wege stehen? Oder hat er möglicherweise einen Miturheber?
Daneben sind persönlichkeitsrechtliche Aspekte bei Personenfotos von besonderem Gewicht. Eine grobe Leitlinie geben §§ 22, 23 KunsturhG. Danach bedarf es in aller Regel der Einwilligung des Abgebildeten (§ 22 KunsturhG), ohne diese sind nur Ausnahmefälle erlaubt (§ 23 KunsturhG: wenn einer der Fälle aus Absatz 1 vorliegt und nicht ganz ausnahmsweise berechtigte Interessen des Abgebildeten entgegenstehen). Die Einwilligung kann ausdrücklich (mündlich oder schriftlich) oder konkludent (also durch Verhalten, z. B. Posieren für die Kamera) erklärt werden.
Der konkrete Fall
In einem eigentlich alltäglichen Fall, den jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden hat, zeigt sich, wie kompliziert es ist, diese Regelungen auf den Einzelfall anzuwenden. In diesem Fall hatte das Amtsgericht der Klage stattgegeben, das Landgericht und ebenso der BGH die Klage abgewiesen. Auch wenn der BGH im Ergebnis mit dem Landgericht einer Meinung war, wich seine Begründung doch erheblich ab.
Das Landgericht war der Auffassung, dass die Veröffentlichung ohne Einwilligung erlaubt wäre, weil die Ausnahme nach § 23 KunsturhG griffe, der BGH erkannte eine Einwilligung.
Beklagt war ein Eventportal im Internet, das Fotos von Veranstaltungen zeigte. Eine Dame war als Hostess im Auftrag einer Promotion-Agentur auf einer Party tätig. Auf einem der Fotos im Eventportal war zu sehen, wie sie einem Gast aus einem Korb Zigaretten anbot.
Auffassung des Landgerichts
Das Landgericht hielt die Party für ein „zeitgeschichtliches Ereignis“ im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunsturhG, weil die Bevölkerung ein legitimes Informationsinteresse über die Party-Besuche von Prominenten habe.
Dass die Hostess selbst nicht prominent und auf dem Foto auch kein Prominenter zu sehen sei, spiele keine Rolle, weil auch die weiteren Umstände der Party von der Erlaubnis umfasst seien. Letztlich müsse der Besucher einer solchen Party mit solchen Fotos rechnen. Darüber hinaus sei das Foto auch ein Bild von „Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben“ im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunsturhG.
Unter die Ausnahme des § 23 Abs. 1 Nr. 3 KunsturhG fielen auch sogenannte „repräsentative Aufnahmen“, bei denen einzelne Personen als charakteristisch und beispielhaft für ein Ereignis öffentlichen Interesses herausgegriffen würden, z. B. um die Stimmung bei dem Ereignis zu verdeutlichen. Das alles sah das Landgericht als gegeben.
Auffassung des BGH
Der BGH war der Auffassung, dass schon eine Einwilligung vorliege. Damit ist die Veröffentlichung auch ohne Ausnahme nach § 23 KunsturhG erlaubt. Der BGH brauchte sich mit der Auffassung des Landgerichts zu § 23 KunsturhG deswegen nicht mehr befassen.
Zwar hatte die Hostess ihre Einwilligung nicht ausdrücklich erklärt, die Umstände genügten dem BGH jedoch, um eine konkludente Einwilligung anzunehmen. Eine konkludente Einwilligung liegt vor, wenn der Einwilligende sich auf eine Art und Weise verhält, die den Schluss zulässt, dass er mit der Veröffentlichung einverstanden ist. Für die Bewertung ist die Sicht eines (gedachten) unbeteiligten objektiven Dritten maßgeblich – letztlich immer die Sicht des Richters. Es kommt also nicht auf den wirklichen Willen des Einwilligenden oder auf den guten Glauben des Veröffentlichenden an.
Im konkreten Fall hatte die Hostess vorher Informationsmaterial erhalten, in dem die Tätigkeit näher beschrieben worden war. Dort stand auch, dass Fotos auf der Party erlaubt wären; zudem lagen Beispielbilder bei, auf denen lächelnde Hostessen mit Zigarettenkorb zusammen mit anderen Personen für Fotos posierten. Der BGH schloss daraus: Der Hostess musste bewusst sein, dass mit Fotos auch ihrer Person und deren Veröffentlichung zu rechnen war, und dies zu Werbegründen sogar erwünscht sei. Davon durften auch die Medienvertreter auf der Party ausgehen. Sie mussten und durften den Auftritt der Hostess als Einwilligung in Fotos und deren Veröffentlichung im Interesse des Auftraggebers verstehen.
Achtung: Hohe Anforderungen an Einwilligung
Ganz ungefährlich sind solche Veröffentlichungen allerdings nicht. Denn wie die Rechtsprechung zeigt, räumen sich die Gerichte einen nicht unerheblichen Bewertungsrahmen bei der Frage ein, ob eine konkludente Einwilligung vorlag oder nicht. So hat etwas das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg mit Urteil vom 28.06.2011 – 7 U 39/11 entschieden: Eine konkludente Einwilligung setze voraus, dass dem Abgebildeten Zweck, Art und Umfang der geplanten Veröffentlichung bekannt sei. Dass er mit entsprechenden Veröffentlichungen rechnen müsse, sei nicht entscheidend. Generell ist zu bedenken, dass die Rechtsprechung (jedenfalls derjeniger Gerichte, die auf presserechtliche Sachen spezialisiert sind) in der Regel hohe Anforderungen an eine Einwilligung (und erst recht an eine konkludente) stellt. Wenn sie überhaupt wirksam ist, dann nur soweit, wie der Einwilligende überhaupt klar und eindeutig erkennen konnte, worin genau er einwilligt. Diese Rechtsprechung ist auch dem BGH nicht fremd. Die Entscheidung war daher nicht selbstverständlich. In künftigen Fällen kann auch der BGH eine konkludente Einwilligung in einer vergleichbaren Lage durchaus ablehnen, sodass es dann wieder darauf ankommt, ob eine Ausnahme nach § 23 KunsturhG vorliegt.
Sicherer – wenn auch häufig praktisch undurchführbar – ist stets eine ausdrückliche Einwilligung, die Zweck, Art und Umfang der geplanten Veröffentlichung ausdrücklich klarstellt. Die sogenannten „Model Releases“ genügen dafür in der Regel nicht, weil sie meist nicht eindeutig die beabsichtigten Veröffentlichungen klarstellen. Oft weiß der Fotograf das vorher ja auch selbst noch nicht.
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