Journalistinnen und Journalisten immer häufiger bei ihrer Arbeit blockiert.
72 gemeldete Vorfälle in Deutschland, bei denen die Medien- und Pressefreiheit verletzt wurde und an denen 116 Personen oder Einrichtungen mit Bezug zu deutschen Medien beteiligt waren: Diese alarmierenden Zahlen für das erste Halbjahr 2024 verzeichnet ein Bericht der europäischen Initiative Media Freedom Response (MFRR). Das Projekt (MFRR) verfolgt, überwacht und reagiert auf Verstöße gegen die Presse- und Medienfreiheit in EU-Mitglieds- und Beitrittsländern.
Besonders viele Übergriffe bei Protestberichterstattung
Die Zahl der Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten, die in Deutschland über Proteste berichteten, sind weiterhin besonders hoch. Sie machten laut MFRR 50 Prozent aller in der Datenbank erfassten Angriffe aus. Mit rund 91 Prozent seien fast alle von Privatpersonen verübt wurden. Die Angriffe reichten von der Beschädigung von Kameras über die Belästigung der Presse bis hin zu Drohungen und körperlicher Gewalt. Bei den 16 Vorfällen während Protesten, wo es zu körperlichen Übergriffen kam, wurden acht Personen verletzt. Der Report berichtet auch von Polizeigewalt gegenüber einem Journalisten bei einer pro-palästinensischen Demonstration.
Weitere erfasste Angriffe auf die Medienfreiheit betreffen die Verhinderung von Zeitungsauslieferungen durch Demonstrierende im Umfeld der „Bauernproteste“, Einschüchterungsversuche wie Vandalismus an Medienhäusern und Hakenkreuzschmierereien.
Die von AfD-Parteimitgliedern und im Parteiumfeld getätigten Online-Bedrohungen, Diskreditierungen, aber auch das juristische Vorgehen gegen die Correctiv-Redaktion nach der Veröffentlichung des viel beachteten und diskutierten investigativen Berichts „Geheimplan gegen Deutschland“ nennt der Bericht im Weiteren als Angriffe gegen die Pressefreiheit in Deutschland.
Der Bericht verzeichnet auch eine deutliche Zunahme der Fälle, bei denen Journalistinnen und Journalisten bei ihrer Arbeit blockiert wurden. Diese Problematik betrifft mehr als ein Drittel aller im ersten Halbjahr 2024 erfassten Vorfälle, während es im Vergleich dazu 2023 insgesamt nur acht waren.
Das Erstarken und die Normalisierung rechtsextremer Ideologie wird dabei auch „von außen“ als großes Problem für die deutschen Medien wahrgenommen.
Der DFJV fordert eine ungehinderte Berufsausübung bei politischer Berichterstattung
Mit großer Sorge beobachtet auch der DFJV, dass Journalistinnen und Journalisten 2024 zunehmend der Zugang zu Orten der Berichterstattung versperrt und immer wieder versucht wird, Medienschaffende aus politischen Interessen heraus in ihrer Arbeit einzuschränken. Wir fordern insbesondere die AfD und aus aktuellem Anlass das BSW auf, die Grundrechte der Presse- und Meinungsfreiheit zu wahren und dafür zu sorgen, dass Journalistinnen und Journalisten Zugang zu ihren politischen Veranstaltungen erhalten und ihren Beruf ungehindert ausüben können.
Angesichts der physischen und psychischen Gewalt, der sich Kolleginnen und Kollegen bei ihrer Berichterstattung zum Teil ausgesetzt sehen, fordern wir die Redaktionen und Medienhäuser auf, den Schutz und die professionelle Unterstützung der für sie berichtenden Journalistinnen und Journalisten sicherzustellen. Es empfiehlt sich unter anderem, bereits im Vorfeld einer potenziell sicherheitsgefährdenden Berichterstattung Krisen- und Sicherheitstrainings sowohl für angestellte als auch für freie Mitarbeitende anzubieten.
Der DFJV tritt vor dem Hintergrund der dokumentierten Vorfälle zudem weiterhin für eine konsequentere Verfolgung von Angriffen auf Journalistinnen und Journalisten durch Polizei und Justiz ein – wer Menschen angreift, darf nicht ungestraft davonkommen.