von RA Frank C. Biethahn (Vertragsanwalt des DFJV)
Nur wenige Veröffentlichungen kommen noch ohne Fotos aus. Deswegen stellt sich immer wieder die Frage, wann denn eine Fotoveröffentlichung zulässig ist. Die Rechtsprechung hat sich mit dieser Frage bereits unter vielen Gesichtspunkten befassen müssen. Nun hat der BGH eine richtungsweisende Entscheidung gefällt.
Einer Fotoveröffentlichung können Rechte Dritter entgegenstehen. Bekannt sind dabei Urheber- und Persönlichkeitsrechte, weniger bekannt das Eigentumsrecht. Gerade bei Fotos in/vor Gebäuden bzw. bei Veranstaltungen drohen diverse entgegenstehende Rechte, wie der folgende Überblick zeigt:
Persönlichkeitsrecht
Ist auf einem Foto eine Person abgebildet und erkennbar (und sei es nur für ihren Bekanntenkreis), bedarf es nach § 22 KunsturhG üblicherweise einer Einwilligung des Abgebildeten. Eine Einwilligung ist nur wirksam, wenn der Einwilligende genau weiß, worin er denn überhaupt einwilligt – je konkreter, desto besser. Allgemeine Einwilligungen wie „für Veröffentlichungen“ o. ä. genügen in aller Regel nicht. Deswegen sind die meisten „model releases“ in aller Regel unwirksam. Ausnahmen vom Einwilligungsbedürfnis sieht das Gesetz insbesondere in § 23 KunsturhG vor – in den dort aufgeführten Fällen darf auch ohne Einwilligung veröffentlicht werden.
Fotografenurheberrecht
Am Foto hat der Fotograf in aller Regel das Urheberrecht. Ohne eine Erlaubnis durch den Berechtigten darf das Foto in aller Regel nicht genutzt werden (Ausnahmen finden sich z.B. in §§ 44a ff. UrhG).
Weitere Urheberrechte
Sind auf dem Foto Gebäude, Bilder oder andere möglicherweise urheberrechtlich geschützte Gegenstände (vgl. dazu § 2 Abs. 1 UrhG) erkennbar, können auch Urheberrechte weiterer Personen bestehen. Nicht jedes Gebäude oder jeder andere Gegenstand, der in § 2 Abs. 1 UrhG genannt ist, ist aber wirklich urheberrechtlich geschützt. Dazu muss es sich um eine „persönliche geistige Schöpfung“ handeln (§ 2 Abs. 1 UrhG). Darüber hinaus greifen auch hier ggf. Ausnahmen wie in §§ 44a ff. UrhG. Und wenn der Urheber länger als 70 Jahre tot ist, ist das Urheberrecht in der Regel erloschen (vgl. §§ 64 ff. UrhG).
Eigentumsrecht
Nach der unter Juristen umstrittenen, aber inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Eigentümer eines Geländes/Gebäudes Beschränkungen auferlegen. Er kann grundsätzlich bestimmen, wer sich wie auf sein Gelände/in sein Gebäude begeben darf. Dabei kann er Filmen/Fotografieren ganz oder teilweise einschränken oder von Bedingungen abhängig machen (z. B. eine gesonderte Gebühr, die nicht schon mit einem etwaigen Eintritt abgegolten ist). Museen und Parks sowie andere für die Öffentlichkeit bestimmte Gelände/Gebäude haben oft eine Nutzungsordnung, die solche Einschränkungen enthält. Dann ist der Zutritt erlaubt, aber nur unter den dort genannten Bedingungen. Werden die Bedingungen nicht eingehalten, liegt – auch wenn das auf den ersten Blick absurd erscheinen mag – eine Eigentumsrechtsverletzung vor. Widerrechtliches Filmen/Fotografieren oder das Verwerten solcher Filme/Fotos hat erhebliche Konsequenzen (insbesondere sind oft hohe Kosten damit verbunden).
Diese höchstrichterliche Rechtsprechung ist problematisch, denn sie führt dazu, dass in manchen Fällen gewissermaßen „durch die Hintertür“ das Urheberrecht über die gesetzlich vorgesehene Dauer (vgl. §§ 64 ff. UrhG) ausgedehnt wird. Wenn das Urheberrecht abgelaufen ist, dürfte der Gegenstand an sich ohne weiteres fotografiert werden. Befindet er sich aber an einer Stelle, die das Fotografieren ohne Betreten fremden Grundes nicht erlaubt, kann der Eigentümer nicht nur das Betreten – das ist selbstverständlich –, sondern auch das Verwerten von dennoch gefertigten Fotos/Filmen untersagen – obwohl das Urheberrecht nicht mehr besteht.
Neueste BGH-Entscheidung bringt Erleichterung
In einer gerade veröffentlichten Entscheidung hat der BGH diese Rechtsprechung zwar nochmals bekräftigt. Zugleich hat er aber auch klar gestellt, dass die Frage, ob sich seine Rechtsprechung eventuell nur auf Immobilien (Gebäude, Gärten etc.) bezieht oder auch Mobilien (z. B. Gemälde) umfasst, noch offen sei – er hatte in dieser Entscheidung keine Veranlassung, sie zu klären.
Vor allem schützt der BGH nun Fotoveröffentlichungen vor zu starken Einschränkungen. Das Gericht stellt nämlich hohe Anforderungen an den Eigentümer: Er muss plausibel darlegen, dass der fotografierte Gegenstand ihm zum Zeitpunkt des Fotos gehörte, nicht frei zugänglich war und er auch keine Erlaubnis zum Fotografieren erteilt hat. Im konkreten Fall wussten weder der Eigentümer noch die Beklagte, die die Fotos veröffentlicht hatte, wann die Fotos gefertigt worden sind. Damit war auch unklar, ob die fotografierten Gemälde und das Grundstück, auf dem sie sich befanden, zu dieser Zeit schon dem Eigentümer gehörten. Diese Unklarheit geht zu Lasten des Eigentümers.
Auch eine weitere Erleichterung für Fotoveröffentlichungen enthält die aktuelle BGH-Entscheidung: Wer die Fotos nicht selbst fertigt, soll nach dieser Rechtsprechung nur in Anspruch genommen werden können, wenn er Prüfpflichten verletzt hat. Wenn es um jahrhundertealte Kunstwerke geht, von denen es diverse Abbildungen gibt, darf der Veröffentlichende davon ausgehen, dass die konkrete Abbildung nicht auf rechtswidrige Weise entstanden ist.
Mehr zu den gesetzlichen Ausnahmen zum Urheberrecht finden Sie in einem speziellen Beitrag im Fachjournalist.
Der DFJV bietet seinen Mitgliedern eine kostenfreie, individuelle und zügige Rechtsberatung (Erstberatung) an. Mehr Informationen erhalten Sie hier. Zudem informieren wir in Rechts-News zu wichtigen Themen. Bei komplexen, auch rechtlichen Fragestellungen hilft Ihnen der DFJV darüber hinaus durch verschiedene Leitfäden.