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BGH stellt fest: Gerichtliche Entscheidungen sind keine Geheimsache

von RA Frank C. Biethahn (Vertragsanwalt des DFJV)

Ordentlicher Journalismus ist ohne sorgfältige Recherche nicht denkbar. Dazu ist es notwendig, Einblick in relevante Unterlagen zu erhalten. Geht es um ein gerichtliches Verfahren, gehören dazu ganz besonders Entscheidungen der Gerichte. § 299 ZPO stellt hohe Anforderungen an eine Einsicht in die gerichtliche Akte. Der BGH hat jetzt klargestellt, dass diese nicht für anonymisierte Abschriften der gerichtlichen Entscheidungen gilt und damit einen für Journalisten erfreulichen Beschluss getroffen, der – anonymisiert – öffentlich zugänglich ist. Zugleich hat der BGH bekräftigt, dass Entscheidungen grundsätzlich keine Geheimsachen seien und relevante Entscheidungen von den Gerichten eigenständig veröffentlicht werden sollen.

Der konkrete Fall

Im konkreten Fall war eine Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung verklagt worden und hatte verloren. Sie wollte vermeiden, dass die Details des Rechtsstreits und der Entscheidung öffentlich würden, wohl weil sie befürchtete, dass andere Kunden sich auf diese Entscheidung berufen könnten. Dritte – in diesem Fall Rechtsanwälte – begehrten vom Gericht Akteneinsicht bzw. eine Kopie der Entscheidung. Die Bank widersprach dem Begehren. Sie berief sich auf § 299  Abs. 2 ZPO und „überwiegende Geheimhaltungsinteressen“.

§ 299 ZPO

§ 299 ZPO regelt unter anderem, dass ein Dritter (also ein nicht am Verfahren Beteiligter, das kann z. B.  auch ein Journalist sein) Einsicht in die Akten zu einem gerichtlichen Verfahren nur dann erhalten kann, wenn a) die Parteien dieses Verfahrens eingewilligt haben oder b) der Dritte ein „rechtliches Interesse“ glaubhaft macht.

Das „rechtliche Interesse“ bedeutet, dass ein rechtlicher Bezug zum Streitstoff bestehen muss, nicht nur ein wirtschaftlicher oder ein Interesse am Fall zwecks Berichterstattung. Das journalistische Interesse ist in der Regel „berechtigt“, aber kein „rechtliches Interesse“, wie es das Gesetz in § 299 Abs. 2 ZPO verlangt.

Auffassung des BGH

Der BGH hat entschieden, dass diese strengen Anforderungen nicht für anonymisierte Abschriften von Entscheidungen in Zivilsachen gelten. Die von der Bank dagegen vorgebrachten Einwände wies er zurück. Es bedürfe nicht des „rechtlichen Interesses“ und auch nicht eines „berechtigten Interesses“, sondern es handele sich um eine „Auskunftsbitte eigener Art“, und diese Auskunft sei auch nicht so gewichtig, dass die hohen Anforderungen aus § 299 Abs. 2 ZPO greifen müssten.

Während die Gerichtsakten personenbezogene Daten der Parteien und anderer Beteiligter enthalten, fehlen diese bei einer anonymisierten Abschrift der Entscheidung, sodass die Beteiligten in ihren Interessen wesentlich weniger betroffen sind. Dritte bekommen keinen derart umfassenden Einblick in die Sache und in die geschützten privaten oder geschäftlichen Unterlagen und Daten der Parteien.

Zudem sind das gerichtliche Verfahren und die Entscheidung grundsätzlich öffentlich und damit gerade nicht geheim. Für Journalisten erfreulich ist, dass der BGH betont, dass es sich um einen Teil der öffentlichen Aufgabe der Gerichte handele, Entscheidungen zu veröffentlichen. Der BGH erkennt eine grundsätzliche Rechtspflicht der Gerichtsverwaltung an, veröffentlichungswürdige Gerichtsentscheidungen von sich aus zu veröffentlichen. Seiner Veröffentlichungspflicht ist der BGH denn auch selbst nachgekommen.

Darüber hinaus sieht der BGH die Gerichte aber auch in der Regel verpflichtet, ihnen nicht veröffentlichungswürdig erscheinende Entscheidungen auf Anfrage (anonymisiert) zu übermitteln, z. B.  einem Journalisten.

Nur wenn „ausnahmsweise überwiegende Rechte der Parteien durch die Weitergabe einer Abschrift trotz Anonymisierung verletzt sein können“, so der BGH, bedürfe es im Einzelfall der über die übliche Anonymisierung hinausgehenden Schwärzung von Urteilspassagen. Der BGH fügte keine Beispiele an, als solches kann aber das Urteil des LG Duisburg vom 27.03.2017 in der Sache 2 O 438/14 dienen, in dem „Abbildungen, die die Klägerin lediglich mit Stiefeln bekleidet zeigen“, in der Abschrift durch folgenden Hinweis ersetzt wurden: „Es folgen 5 Fotos, die nur in der Originalentscheidung vorhanden sind und nicht zur Veröffentlichung bestimmt sind.“

Nur in ganz extremen Fällen, in denen auch die Schwärzung nicht genüge, müsste eine Veröffentlichung ausgeschlossen werden. Dafür bedürfe es aber „unabweisbare höhere Interessen, die eine Abweichung vom Grundsatz der Öffentlichkeit gebieten“, die der Betroffene schon im gerichtlichen Verfahren vorgebracht haben muss. Die Bank im konkreten Fall hatte nur allgemeine Einwände vorgebracht, die nach Auffassung des BGH nicht genügten, um eine ausreichende Beeinträchtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, des Bankgeheimnisses und von Geschäftsgeheimnissen darzustellen.

Fazit

Aufgrund dieser eindeutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung sollten es Journalisten künftig leichter haben, gerichtliche Entscheidungen, die nicht sowieso schon veröffentlicht sind, vom Gericht in Abschrift zu erhalten. Verweigert das Gericht eine Abschrift, obwohl die Voraussetzungen vorliegen, kann der Anspruch auch gerichtlich durchgesetzt werden.

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