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Warum Fake News funktionieren – und wie sich der Journalismus wehren kann

19.03.2025 Kathrin Boehme
Warum Fake News funktionieren – und wie sich der Journalismus wehren kann

Falschinformationen verbreiten sich besonders gut, weil sie auf bestimmten psychologischen Mechanismen beruhen. Soziale Medien verstärken diese Effekte durch Emotionalisierung und ihre Algorithmen. Wie kann der Journalismus gegensteuern und Fake News verhindern?

Haben Sie auch mitbekommen, dass bei den verheerenden Bränden in Los Angeles die Villa von Olaf Scholz komplett abgebrannt ist? In den sozialen Medien verbreiteten sich in den letzten Wochen immer mehr Satellitenbilder der Villa mit Pool. Aber: Die Nachricht ist frei erfunden. Weder gehört das Gebäude Scholz noch ist es abgebrannt. Dennoch glaubten Hunderttausende die Meldung.

Solche Falschnachrichten treten täglich auf und werden kaum hinterfragt. Gerade mit den vermehrten Anwendungen von künstlicher Intelligenz und dem Ausspielen der Ergebnisse über die sozialen Medien werden immer mehr Fake News verbreitet. Das kann der Gesellschaft langfristig schaden: Der „Global Risks Report 2024“ bezeichnet Falschinformationen sogar als eine der größten globalen Risiken der aktuellen Zeit. Denn gezielte Desinformation kann Wahlen beeinflussen, gesellschaftliche Spaltungen verstärken oder Panik auslösen.

Es wird immer wichtiger, Fake News zu erkennen und richtig einzuordnen. Plattformen wie Meta oder X helfen da nicht weiter, denn sie nutzen keine Faktenchecks mehr. Wie aber kann der Journalismus auf die zunehmende Bedrohung durch Falschnachrichten reagieren?

Was wir hören, muss die Wahrheit sein: psychologische Mechanismen hinter Fake News

Menschen greifen auf zwei verschiedene psychologische Prozesse zurück, um zu entscheiden, ob etwas wahr oder falsch ist. Entweder berufen wir uns auf die Außenwelt und suchen nach Beweisen, oder wir hören auf unser Bauchgefühl. Was wir nutzen, ist individuell und situationsabhängig.

Die Intuition ist aber eng mit dem Glauben an Fake News verbunden. Denn hören wir eine Nachricht, gehen wir erst einmal davon aus, dass sie wahr ist: Diese Wahrheitsverzerrung ist als mentale Abkürzung im Alltag sehr nützlich. Wir könnten kaum überleben, wenn wir jede Entscheidung bis ins kleinste Detail abwägen. Aber auch Falschnachrichten werden so kaum überprüft.

Unser Vertrauen in Informationen wird außerdem stark von der Person beeinflusst, die sie vermittelt. Menschen, die autoritär, attraktiv oder uns selbst ähnlich sind, erscheinen uns besonders glaubwürdig. Auch diese Verzerrung spart mentale Energie. Zudem orientieren wir uns stark an unserer sozialen Umgebung, um unser Grundbedürfnis nach Zugehörigkeit zu erfüllen: Wenn alle Freunde etwas glauben, übernehmen wir die Gruppenmeinung meist unhinterfragt. Kaum jemand macht den Faktencheck.

Falschinformationen bleiben gerade deshalb leicht hängen, weil sie einfache Erklärungen bieten. Der „Scheinwahrheitseffekt“ besagt, dass wir umso mehr an etwas glauben, je öfter wir es hören. Das liegt daran, dass solche Informationen irgendwann vertraut wirken und einfacher zu verarbeiten sind. Um überlebensnotwendige Energie zu sparen, bevorzugt unser Gehirn alles, was einfach ist. Dabei ist es egal, ob wir die Quelle der Information als unseriös ansehen oder sie nicht mit unseren Ansichten übereinstimmt. Ist eine Nachricht vertraut, wirkt sie glaubhafter.

Falschinformationen wirken auch deswegen so gut, da sie oft emotional sind. Angst, Empörung und Hass ziehen mehr Aufmerksamkeit auf sich als positive Nachrichten. Das erklärt der psychologische Negativitätsbias: Zum Überleben war es schon immer sinnvoller, sich auf Gefahren und Risiken zu konzentrieren, statt auf gute Neuigkeiten. Heute bleibt uns ein negativer Kommentar besser im Gedächtnis als zehn Komplimente. Und wir teilen schlechten Nachrichten besonders gern.

Zwischen Wahrheit und Sensation: die Medien und Fake News

Falschinformationen verbreiten sich sechsmal so schnell wie wahrheitsgemäße Angaben. Denn sie sind meist überraschender, vereinfacht und entsprechen eher den Werten der Zielperson als Fakten. Medien tragen zu dieser asynchronen Verteilung bei, wenn sie Neugier und Ängste der Menschen nutzen, um ihre Inhalte besser zu verbreiten. Überschriften und Bilder werden online oft mit dem Ziel erstellt, möglichst viele Zugriffe auf die Website zu erhalten – ohne Rücksicht darauf, ob die Titel die Erwartungen auch erfüllen.

Oft wird aber ohnehin nur die Schlagzeile gelesen, wie ein Experiment der Science Post eindrücklich zeigte: Irreführende Überschriften wurden zwar im Text aufgeklärt, allerdings las fast niemand so weit. Nach Ansicht der Forschung können traditionelle Medien Falschinformationen außerdem vor allem durch Meinungsbeiträge oder kommerzielle Inhalte verbreiten. Auch die unkritische Wiedergabe von politischen Aussagen trägt dazu bei.

Falschnachrichten hätten aber ohne die sozialen Medien nicht so groß werden können, wie sie es sind. Die Wahrscheinlichkeit, dass Fake News in den sozialen Netzwerken geteilt werden, ist 70 Prozent höher als andere Nachrichten. Denn journalistische Qualitätsmerkmale wie Wahrhaftigkeit, Objektivität oder die Sorgfaltspflicht gelten hier nicht. Dabei beziehen fast fünf Milliarden Menschen weltweit ihre Nachrichten über soziale Medien, auf denen der Algorithmus und die Interessen ihrer Besitzer den Ton angeben. Daran wird deutlich, welch hohe und weiter wachsende Bedeutung guter Journalismus als Gegenpol jetzt und in Zukunft hat.

Fakten gegen Fake News: was der Journalismus tun kann

Die Entstehung von Falschnachrichten ist komplex und eine einfache und schnelle Lösung gibt es nicht. Journalistinnen und Journalisten können aber lernen, Fake News zu erkennen und darüber aufzuklären.

  • Fake News erkennen: Quellenprüfung und Faktenchecks

Eine sorgfältige Überprüfung von Fakten zählt zu jeder guten Recherche. Hintergrundinformationen sollten sorgfältig eingeholt werden, dabei ist auf Widersprüche zu achten. Werden die Angaben von mehreren seriösen Quellen bestätigt? Ist der Text objektiv oder subjektiv geschrieben?

Außerdem ist es hilfreich zu überlegen, warum eine bestimmte Nachricht wirkt: Will die Absenderin oder der Absender nur Emotionen auslösen? Auch ein Blick auf die Quelle der Information selbst hilft, Fake News zu erkennen. Ist der Account eines Profils in den sozialen Netzen transparent, hat die Website ein Impressum?

Inhalte, die mit künstlicher Intelligenz erstellt wurden, sind schwerer zu erkennen. Es gibt zwar Erkennungs-Tools, aber eigene Faktenchecks bleiben notwendig. Die wichtigsten Schritte sind: Quellen überprüfen, Glaubwürdigkeit beachten, Medienforensik-Techniken nutzen – wie in dieser Übersicht aufgelistet. Und ganz wichtig: immer weiter dazulernen.

  • Verantwortungsvolle Kommunikation

Zwischen Meinungen und Fakten sollte in der Berichterstattung klar unterschieden werden. Dabei ist es wichtig, politische Aussagen kritisch einzuordnen und nicht bloß wiederzugeben. Die Sprache selbst sollte nicht unnötig emotional sein und reißerische Schlagzeilen liefern, sondern neutral sein. Meinungen einzelner Gruppen dürfen dabei nicht den gleichen Stellenwert wie der wissenschaftliche Konsens haben. Schon mit der Ausführlichkeit, dem Textumfang oder der Tiefe der Berichterstattung kann die unterschiedliche Bedeutung abgebildet werden.

Studien zeigen außerdem, dass einfache und gut lesbare Texte glaubhafter wirken. Fakten sollten also nicht zu kompliziert oder abstrakt erklärt werden. Auch Fotos erzeugen Glaubwürdigkeit. Dabei ist es egal, ob sie die Information belegen oder nicht: Die Aufnahmen helfen dabei, sich den Kontext besser vorstellen zu können.

Kognitive Verzerrungen können umgangen werden, wenn Lesende nach der Schlagzeile eine Möglichkeit zum Nachdenken erhalten. Das aktiviert die analytischere Seite des Gehirns und sorgt dafür, dass Menschen sich weniger von ihrem Bauchgefühl leiten lassen. Dazu gehören Aufforderungen zur Reflexion oder offene Überlegungen, „wie man diese Aussage bewerten könnte“.

  • Prävention: „Schutzimpfung“ für mehr Medienkompetenz

Eine vorherige Warnung vor möglichen Fake News verringert erwiesenermaßen die Gefahr, dass wir diese Falschinformationen später glauben. So eine „Schutzimpfung“ sorgt präventiv dafür, dass Mediennutzende gefälschte Nachrichten besser erkennen. Denn wir überschätzen unsere eigene Medienkompetenz, wodurch sich Fake News noch leichter verbreiten.

Die Medien können aktiv bei der Aufklärung helfen, indem sie manipulative Inhalte und irreführende Argumentationsmuster erklären. Eine eigene Redaktion des Recherchenetzwerks Correctiv korrigiert Falschinformationen online und bezieht Menschen über einen WhatsApp-Kanal direkt mit ein. Auch die dpa wurde für ihre Faktenchecks ausgezeichnet und bietet Tipps und Schulungen an.

Ein neues Online-Spiel von Cambridge-Wissenschaftlern hilft, die Strategien hinter Fake News auf unterhaltsame Weise zu lernen. Dabei werden die Seiten gewechselt: Mithilfe von Polarisierung, Identitätsbetrug oder Hassnachrichten sollen möglichst viele Menschen von den eigenen Falschnachrichten überzeugt werden. Studien zeigen, dass solche Techniken dadurch in der Realität besser durchschaut werden.

  • Richtiges Widerlegen

Ist Prävention nicht möglich, bleibt nur das nachträgliche Widerlegen. Das sollte aber gekonnt sein: Haben wir die Falschinformation einmal gehört, ist die Gefahr groß, dass sie hängen bleibt. Wenn wir zum Beispiel erfahren, dass ein Verwandter nach einem Restaurantbesuch an einer Lebensmittelvergiftung erkrankt war, meiden wir oft auch nach einer Korrektur dieser Falschinformation das Gasthaus als angebliche Ursache. Die Gegenargumente und Fakten sollten daher detailliert und eindeutig sein, um die Falschinformation zu „überschreiben“.

Eine wissenschaftlich bestätigte Methode zum Widerlegen ist das „Faktensandwich“: Zuerst wird der korrekte Fakt benannt. Dann folgt die Warnung, dass es auch eine Falschinformation zum Thema gibt. Die Fake News wird genannt, ihr Ursprung erklärt und auch, warum sie wirkt. Am Ende wird der richtige Fakt wiederholt. Die Erklärung und die Wiederholung sorgen dafür, dass die Falschnachricht lückenlos korrigiert wird.

Dass eine Korrektur kontraproduktiv wirken kann, weil die Falschinformation dadurch ja wieder Aufmerksamkeit bekommt, ist übrigens widerlegt: Dieser „Bumerang-Effekt“ tritt nicht so häufig auf wie gedacht, bestätigt die Forschung. Eine kurze Wiederholung der Falschinformation macht die Korrektur sogar noch wirksamer.

Fazit

Falschnachrichten werden nicht so schnell aus unserem Leben verschwinden. Solange Milliardäre einzelne Medien selbst kontrollieren und ihre Meinungen als Wahrheit verbreiten können, werden Fake News noch ein großes Problem bleiben.

Aber der Journalismus ist nicht machtlos: Mit klaren Faktenchecks, mehr Medienkompetenz und verantwortungsvoller Kommunikation können Fake News bekämpft werden.

Lesehinweis: Erfahren Sie in weiteren Fachjournalist-Beiträgen der Autorin im Themenpool „Psychologie und Journalismus“, wie sich unbewusste Denkfehler in der Berichterstattung vermeiden lassen und welche Strategien Journalistinnen und Journalisten nutzen können, um eine polarisierende Berichterstattung zu vermeiden.  

Titelillustration: Esther Schaarhüls

Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).


Weiterführende Quellen und Hilfsmittel

Das Handbuch „Widerlegen, aber richtig – 2020“ stellt praxisnahe Tipps gegen Fake News vor.

Eine Toolbox des Max-Planck-Instituts zeigt mögliche Interventionen gegen Falschinformationen.

Das Internationale Fact-Checking Network bietet Kurse zur Medienkompetenz an.

Vertiefende Literatur

Ecker, U. K. H. et al. (2022). The psychological drivers of misinformation belief and its resistance to correction. Nature Reviews Psychology 1, S. 13–29. https://doi.org/10.1038/s44159-021-00006-y

Lewandowsky, S., & Van Der Linden, S. (2021). Countering Misinformation and Fake News Through Inoculation and Prebunking. European Review of Social Psychology 32(2), S. 348–384. https://doi.org/10.1080/10463283.2021.1876983


Foto: Evoto

Die Autorin Kathrin Boehme arbeitete bereits während ihres Studiums der Psychologie und Verhaltensforschung für Lokalredaktionen der Rheinischen Post. Als wissenschaftliche Assistentin forschte sie zunächst in Trier zu Stressauswirkungen auf das Gedächtnis und danach in Barcelona zu nachhaltigem Konsumverhalten. An der Deutschen Journalisten Akademie (DJA) spezialisierte sie sich auf Wissenschafts– und Klimajournalismus. Seit 2016 ist sie als freie Journalistin tätig.

 

 

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