Myanmar nach dem Militärputsch, Afghanistan nach der Machtübernahme durch die Taliban oder Russland in Zeiten des Angriffskrieges auf die Ukraine – drei traurige Beispiele für Länder, in denen unabhängiger Journalismus aktuell so gut wie nicht mehr möglich ist, wie aus der von Reporter ohne Grenzen (RSF) herausgegebenen Rangliste der Pressefreiheit 2022 hervorgeht. In der Ukraine starben im Krieg zudem innerhalb weniger Wochen sieben Medienschaffende. Diese erschütternden ersten Einblicke (der DFJV wird in Kürze weiter darüber berichten) in die zu ihrer 20. Ausgabe ausnahmsweise genau am 3. Mai veröffentlichten RSF-Rangliste zeigt, dass durch aktuelle Krisen, Kriege und wieder aufgebrochene Konflikte die Pressefreiheit sowie die Sicherheit von Medienschaffenden weltweit in großer Gefahr sind. Dabei verzeichnet Deutschland seinen eigenen Negativrekord: Noch nie hat es hierzulande seit Beginn der Dokumentation 2013 so viel Gewalt gegen Medienschaffende gegeben wie im aktuellen Berichtszeitraum. Die Lage Deutschlands hat sich von Platz 13 auf Platz 16 von 180 berücksichtigten Ländern verschlechtert. Vor allem Übergriffe auf Pressevertreter:innen bei Demonstrationen würden massiv zu dieser Entwicklung beitragen.
Mit dem heutigen Internationalen Tag der Pressefreiheit wird auf die Bedeutung einer freien Berichterstattung für Demokratie und Menschenrechte aufmerksam gemacht – und Organisationen wie Reporter ohne Grenzen und die UNESCO, die den Aktionstag 1993 initiierte, weisen dabei ganz besonders auf ihre Arbeit, die Bedrohungen der Pressefreiheit und die Unterdrückung von unabhängigem Journalismus hin.
Von der UNESCO wird in diesem Sinne heute der Guillermo Cano World Press Freedom Preis verliehen. Die Auszeichnung wird seit 1997 an eine Person, Institution oder Organisation vergeben, die sich in herausragender Weise – besonders angesichts von Gefahr – für die Pressefreiheit einsetzt. 2022 geht der Preis an den Belarussischen Journalistenverband (BAJ), der sich gegen die Unterdrückung von unabhängigem Journalismus durch das Lukaschenko-Regime stellt.
Und in Berlin kann man heute einen von Reporter ohne Grenzen veranstalteten Diskussionsabend zum Thema „Pressefreiheit in Afghanistan“ besuchen. Im Rahmen der Veranstaltung im Maxim Gorki Theater stellt die Organisation den Bildband „Fotos für die Pressefreiheit 2022“ vor. In diesem sind ausgewählte Arbeiten von knapp 20 Fotografinnen und Fotografen zu globalen Brennpunkten 2021 versammelt. Die Veranstaltung kann auch per Live-Stream verfolgt werden.
In ganz Deutschland finden zudem zahlreiche weitere Veranstaltungen im Zuge des heutigen Aktionstages statt, zum Beispiel die „Woche der Meinungsfreiheit“. Bei dieser steht in diesem Jahr zum zweiten Mal die Bedeutung einer vielfältigen, offenen und respektvollen Debatte für eine demokratische Gesellschaft im Mittelpunkt. Die vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels initiierte Woche findet bundesweit mit rund 50 Veranstaltungen vom 3. Mai bis zum 10. Mai, dem Tag der Bücherverbrennung, statt.
An die Jugend richtet sich die Initiative „Journalismus macht Schule“, die gemeinsam mit verschiedenen Medien und den jeweiligen Landesmedienanstalten bzw. den Landeszentralen für politische Bildung auch in diesem Jahr bundesweit Medienkompetenz in die Klassenzimmer bringt: Am 3. Mai und an den folgenden Schülermedientagen sprechen Journalistinnen und Journalisten mit Schulklassen unter anderem über die Themen Falschmeldungen und Desinformationen. Anlass ist nicht zuletzt der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die damit vermehrte Verbreitung von Fake News. In diesem Jahr mit dabei sind unter anderem der Chefredakteur der Zeit, Giovanni di Lorenzo, Anne Metzentin vom TikTok-Kanal der tagesschau oder Theo Koll vom ZDF-Hauptstadtstudio. Auch die ukrainischen Journalistinnen Karolina Ashion und Iryna Miller sowie Sabine Stöhr, die ehemalige ARD-Hörfunkkorrespondentin in Moskau, stehen den Schülerinnen und Schülern Rede und Antwort.
Der Internationale Tag der Pressefreiheit findet seit 1994 statt, nachdem er von der UNESCO angeregt und 1993 von der UN-Generalversammlung ins Leben gerufen wurde. Anlass für den Aktionstag bot die „Deklaration von Windhoek“, eine Erklärung, die eine unabhängige, pluralistische und freie Presse als Basis für Demokratie und wirtschaftliche Entwicklung fordert. Diese wurde von afrikanischen Medienschaffenden bei einem UNESCO-Seminar abgegeben, ging weiteren regionalen Erklärungen voran und wurde am 3. Mai 1991 verabschiedet. Der heutige Aktionstag erinnert an die Annahme dieser Deklaration.