Postings und Captions: Optimale Texte für Social Media gestalten

Wie gelingt es Journalistinnen und Journalisten, mit ihren Social-Media-Texten aufzufallen? In diesem Fachbeitrag – einem Auszug aus dem Buch „Online-Journalismus für die Praxis. Fachwissen für Netzpublikationen“ (2024) – gibt Ihnen die Journalistin, Fachautorin und Online-Expertin Nea Matzen Tipps, wie Sie Ihre Texte für verschiedene Plattformen optimal gestalten.
Für Social-Media-Texte gibt es zwei Platzierungen: auf dem Posting selbst (in Kombination mit einem Bild) und im Begleittext (caption). Für beide gilt: starke Schlüsselbegriffe, starker Einstieg. Kurze Sätze und einfache Sprache erleichtern das Verständnis. Menschen reagieren auf klar formulierte Texte statt auf überstrapazierte Buzzwords mit keiner echten Bedeutung.
Die Texte für Posts und Tweets müssen schnell auf den Punkt kommen: Auf den ersten Blick sollten die User erkennen können, worum es geht und warum es sich lohnt, diese Information anzuklicken. Keine langen Hinführungen mit nichtssagenden Wörtern, sondern Fokussierung auf Gesprächs- und Nutzwert oder das Besondere sollten im Vordergrund stehen. Wer Neugier wecken will, indem er oder sie möglichst wenig verrät, sollte zumindest einen Hinweis über einen Schlüsselbegriff zur Sache oder ein Bild geben. Auch Jargon, abgegriffene Formulierungen und Fremdwörter verwirren die Leser:innen.
Der Nutzwert kann auch auf Unterhaltung, Amüsement oder Humor zielen, wenn es zum Thema und zum Portal passt. Ironie ist – wie generell im Journalismus – problematisch, da das Verständnis von Ironie individuell so unterschiedlich ist und deshalb bei einem Massenmedium Missverständnisse auslösen kann. Ausnahmen bilden selbstverständlich Satiremagazine bzw. die Darstellungsformen Glosse oder Comedy.
Für alle Social-Media-Posts gilt die bekannte Regel »Die Leser:innen abholen«: Schlüsselbegriffe verwenden, mit denen die User sofort etwas anfangen können, weil sie entweder in der Luft liegen, also latent aktuell sind, oder aus dem Alltag der Zielgruppe stammen. Auch Evergreen-Themen, die für die Zielgruppe durchgehend oder immer wieder interessant sind, lassen sich über Signalwörter (attention grabber) transportieren. Oder die Texte arbeiten mit Signalwörtern oder Formulierungen, die neu und überraschend sind, die aber trotzdem die Leser:innen, die den jeweiligen Feed überfliegen, ansprechen und sie deshalb beim Scrollen innehalten lassen (thumb stopping). Die Entscheidungen beim Scrollen fallen in weniger als einer Sekunde.
Die User scannen Überschriften und den Anfang der Texte, wie die Eyetrack-Studien zeigen (siehe Kapitel 2.3). Hervorgehobene Wörter werden schnell wahrgenommen. Auch die Bilder erhalten selbstverständlich bei aller Flüchtigkeit des Scrollens Sekundenbruchteile von Aufmerksamkeit.
Tipp
Das kleine Paket aus Text und Startbild sendet einen kompakten, schnell erfassbaren
Informationswert aus, dieser »information scent« führt zum »thumb stopping«
– oder aber er lässt die User über Tweet oder Post hinwegwischen, weil es
zu uninteressant ist. Man kann es sich wie das kurze Inhalieren einer Duftwolke
vorstellen oder das blitzschnelle Vorbeirauschen an einem Plakat (mehr zum Thema
»information scent« [siehe Kapitel 2.3]).
Maximale und empfohlene Zeichenlängen
Wie lang sollten Texte – Tweet, Posting-Text, Bildunterschrift (caption) genannt – sein? Bei X/Twitter ist die Zeichenzahl auf 280 begrenzt, aber ein kürzerer Text ist schneller erfassbar und reicht oft für einen inhaltlich starken Anreißer mit Link. Für komplexe Themen bieten sich auch mehrere zusammengehörende Tweets als Format an, ein Thread. Hier hilft es, wenn die Tweets durchnummeriert sind. Links in Tweets werden automatisch gekürzt. In der Bezahlversion (blauer Haken) können Tweets bis zu 4.000 Zeichen lang sein.
Möglich sind auf Facebook bis zu 63.206 Zeichen, auf Instagram und TikTok sind es immerhin 2.200, auf LinkedIn 3.000 und auf Threads 500 Zeichen. Für Status-Updates auf LinkedIn sind bis zu 600 Zeichen vorgesehen. Bei Reddit sind es 40.000 Zeichen für einen Post.
Tipp
Bei diesen Texten ist es wie bei Websites wichtig, ausgewählte Schlüsselbegriffe
zu verwenden, um über die Suche gefunden zu werden. Das sind Kernbegriffe
zum Thema und zu Trends. Nicht allein Hashtags, sondern auch der Text im Posting
(captions) müssen möglichst gehaltvoll sein und zum Thema exakt passende
Begriffe enthalten. Die Suchfunktion auf Social-Media-Plattformen gewinnt immer
mehr an Bedeutung (Shannon/Cooper 2022). Die Features dafür werden immer
mehr ausgebaut. Auf TikTok werden unter den letzten Sucheingaben weitere Vorschläge
unter »Vielleicht gefällt dir« aufgelistet. Die Suchergebnisse können nach
Top, Videos, Nutzer:innen, Sounds, Lives, Orte, Hashtags, Likes und Veröffentlichungsdatum
gefiltert werden. Zusätzlich taucht zwischen den Clips in den Suchergebnissen
regelmäßig das Feld »Andere suchten nach« auf.
Im Feed sehen die Nutzer:innen auf Facebook und Instagram nur den Anfang des Postings (rund 125 Zeichen), danach müssen sie auf »Mehr anzeigen« klicken, um den Rest zu sehen – das scheint eigentlich nur eine kleine Hürde zu sein, ist aber eine Unterbrechung des fließenden Scrollens. Auch hier sollte ein starker Auftakt, ein bewusst gewählter »attention grabber«, die Nutzer:innen davon inhaltlich überzeugen. Die Produzent:innen der Beiträge sind also immer wieder dazu angehalten, sich über die Kerninformation und den relevantesten und spannendsten Aspekt für ihre User bewusst zu werden. Wichtig ist, dass die Nutzer:innen schnell begreifen, worum es geht. Im besten Fall fühlen sie sich angesprochen und reagieren auf den Inhalt.
Es gibt Untersuchungen zu den idealen Längen von Social-Media-Texten; sie sind selbstverständlich keine Garantie für Erfolg, aber für einige Redaktionen können sie als Anhaltspunkt dienen. In der Regel werden kurze Texte empfohlen. Aber Redaktionen können auch längere Bildunterschriften ausprobieren, um zu sehen, wie ihr Publikum reagiert und wie die Interaktion je nach Art des Beitrags variiert. Längere Bildunterschriften eignen sich zum Beispiel eher für informative und erklärende Beiträge. Bei lustigen und lockeren Beiträgen genügen vielleicht ein paar Worte in der Überschrift oder sogar ein paar Emojis.
Tipps für Textlängen und Bildgrößen
• Überblick über die maximale Zeichenzahl auf den Social-Media-Plattformen bei
sociality.io: is.gd/0vjTrd
• Hootsuite ist für Informationen über Bildgrößen eine gute Adresse: Social-Media-
Bildgrößen für alle Netzwerke, 20.04.2024, Link: is.gd/aXPnMG
Ein paar Beispiele für Empfehlungen: Für Facebook werden laut Hootsuite in Studien 50 oder 80 Zeichen empfohlen, für Überschriften gelten fünf Wörter als Maß (McLachlan 2022). Facebook rät: »Verfasse kurze und prägnante Texte (höchstens 125 Zeichen), sodass deine Botschaft leicht zu verstehen ist.« Das gilt auch für Instagram. Im Leitfaden für Facebook-Werbeanzeigen finden sich weitere nützliche Hinweise (Link: is.gd/bJjue8).
Für LinkedIn gilt: Das Limit vor dem »Mehr sehen« beträgt 140 Zeichen. Hootsuite empfiehlt 25 Wörter oder weniger (McLachlan 2022). Doch wer auf LinkedIn und Instagram mehr erklären oder besser informieren möchte, sollte einen spannenden Einstieg wählen und sich den Platz für Ausführungen nehmen. Wichtig ist natürlich auch hier eine gute Struktur durch gute inhaltliche Sortierung und Absätze.
Auf Instagram können im Begleittext keine Links gesetzt werden, wenn der Account weniger als 10.000 Followern hat. Der Klickweg muss über die Bio im Profil erfolgen. Viele Anbieter:innen bündeln die Beiträge, auf die sie auf Instagram hinweisen, unter einem permanenten Link, zum Beispiel die Süddeutsche Zeitung unter linktr.ee/szinsta. Es können auch mehrere Links dort hinterlegt werden, z. B. zum Impressum, zur Netiquette und zu den Datenschutzrichtlinien. Verlinkungen sind aus den Stories heraus möglich.
Längere Instagram-Beschriftungen beinhalten Kontext, zeigen Stil und Persönlichkeit der Marke, unterhalten ihr Publikum und regen die Menschen zum Kommentieren an. Sie lassen sich durch Absätze strukturieren, die eventuell mit Emojis als passende Signale zum Inhalt beginnen. Hier gilt wie beim Textaufbau die Regel »chunk your content«. Je länger der Text, desto länger die Verweildauer, was für den Algorithmus ein Signal ist.
Lesetipp
Stacey McLachlan und Brayden Cohen beschreiben einen – nicht repräsentativen
– Test mit dem eigenen Account. Sie posteten ähnliche Beiträge einmal mit
langem, einmal mit kurzem Text. Das Ergebnis: »Longer captions drive engagement,
especially when it comes to comments« (McLachlan/Cohen 2021, Link:
is.gd/X6Tlwx).
Von witzig bis seriös: Der Tonfall
Duzen ist auf den Social-Media-Plattformen die Regel. Ausnahmen sind selbstverständlich möglich, wenn es zum Portal und zur Zielgruppe passt. Ansonsten sind alle Formen der Ansprache von flapsig bis formal denkbar, es hängt vom Thema ab. Eine gewisse Leichtigkeit im Ton und ein weniger formelles Auftreten als in den Hauptnachrichtensendungen des Fernsehens ist angebracht. Face-to-face, also mit Moderator:in im On, gilt: authentisch, natürlich, kein (offensichtlich) abgelesener Text – und Augenkontakt. Einen Einblick in verschiedene Stile von Texten gibt das Tool von Hootsuite, das Texte für Social Media variiert – je nachdem welcher Tonfall gewünscht ist:

Abb. 45: »Select the tone« von freundlich bis einfühlsam – auf den richtigen Ton kommt es an. Das Bild zeigt einen Ausschnitt der Möglichkeiten. / Quelle: blog.hootsuite.com, Newberry 2023, Screenshot vom 08.06.2023
Hilfreich für die Entscheidung, in welcher Tonart die Social-Media-Beiträge verfasst sein sollten, können Hinweise sein, die sich aus dem Reuters Digital News Report herleiten lassen. Die Nutzer:innen wurden 2023 gefragt, welchen Quellen bzw. Akteur:innen sie auf den von ihnen genutzten Plattformen am meisten Beachtung schenken. Die Ergebnisse im Überblick (Behre/Hölig/Möller 2023: 48):
- Insgesamt schenkt die Mehrheit der Befragten, die Nachrichten auf Facebook, YouTube, Instagram oder X/Twitter konsumieren, den Inhalten von traditionellen Nachrichtenmedien sowie Journalistinnen und Journalisten die meiste Aufmerksamkeit.
- Auf TikTok beachten anteilig die meisten der Befragten Nachrichten, die von normalen Menschen sowie von Influencern bzw. Persönlichkeiten aus den sozialen Medien geteilt werden.
- Auf Facebook und Instagram spielen normale Bürgerinnen und Bürger als Nachrichtenquelle ebenfalls eine verhältnismäßig große Rolle.
- Auf YouTube stehen zusätzlich auch Nachrichten von kleinen bzw. alternativen Nachrichtenanbietern oder Journalistinnen und Journalisten im Fokus der Aufmerksamkeit.
- Die meistbeachteten Nachrichtenquellen auf X/Twitter sind neben traditionellen
Nachrichtendiensten Politiker:innen sowie politische Aktivist:innen.
Titelillustration: Esther Schaarhüls.
Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).
Das Buch Online-Journalismus für die Praxis. Fachwissen für Netzpublikationen (2024) ist im Herbert von Halem Verlag erschienen. Das Handbuch für den publizistischen Alltag mit Fachwissen für Netzpublikationen gibt Berufseinstegenden wie Profis Tipps für das Publizieren auf Websites, Blogs und Social-Media-Plattformen.
Die Autorin Nea Matzen arbeitet als Dozentin für Online-Journalismus, Fachautorin und Redakteurin. Nach einem trimedialen Journalistikstudium gehörte sie zum Gründungsteam der Online-Redaktion der Tagesschau. Zu ihren journalistischen Schwerpunkten gehören crossmediale Erklärstücke fürs Fernsehen und Web. Sie gibt Seminare und hält u. a. Vorträge zu den Themen Multimediales Erzählen, Crossmediales Arbeiten, Texten und Prompten fürs Web, Social Media, Berufsfeld Journalismus und Communications as a Profession. Zu ihren Themen und zu digitalen Strategien berät sie Redaktionen.