Fotoveröffentlichung – was muss man bei der Einwilligung des Abgebildeten beachten?

Erläuterung der Rechtslage
Personenfotos sind ein elementarer Bestandteil der Medienberichterstattung. Deren Veröffentlichung berührt jedoch das Persönlichkeitsrecht. Die Veröffentlichung bedarf daher oft einer Einwilligung. Doch welche Anforderungen stellt das Recht an eine solche Einwilligung? In der Praxis gibt es dazu eine Menge falscher Vorstellungen und Unklarheiten.
Die rechtliche Grundlage
Die Abbildung einer Person betrifft das Persönlichkeitsrecht in Form des „Rechts am eigenen Bild“. Dieses ist auch verfassungsrechtlich geschützt. Die verfassungsrechtliche Grundlage wird unter anderem konkretisiert durch § 22 KunsturhG:
Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.
Neben dieser Rechtsgrundlage wird das „Recht am eigenen Bild“ auch weitergehend über das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt.
Wann ist eine Einwilligung zur Veröffentlichung von Personenfotos überhaupt notwendig?
Eine Einwilligung ist notwendig, wenn es um die Veröffentlichung eines Personenbildes geht und keine Ausnahme greift (§§ 23, 24 KunsturhG regeln einige Ausnahmen).
Auch nach dem Tod ist für einige Zeit noch eine Einwilligung der Angehörigen erforderlich. § 22 KunsturhG geht von 10 Jahren aus, aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kann sich jedoch (in seltenen Einzelfällen) auch eine längere Frist ergeben.
Was versteht das Gesetz eigentlich unter „Einwilligung“?
„Einwilligung“ definiert das Gesetz als „vorherige Zustimmung“. Eine erst nach der Veröffentlichung erfolgende Zustimmung ist also, technisch gesehen, keine Einwilligung, sondern eine Genehmigung (nicht zu verwechseln mit dem gleichlautenden Begriff aus dem Verwaltungsrecht). Der Berechtigte kann die Veröffentlichung auch noch im Nachhinein billigen. Ist diese nachträgliche Zustimmung wirksam – dafür gilt großenteils dasselbe wie für die Einwilligung –, ist die rechtswidrige Veröffentlichung nachträglich rechtmäßig geworden.
Ideal ist eine nachträgliche Zustimmung jedoch nicht – abgesehen davon, dass eine gewisse Unsicherheit bleibt, ob die Strafbarkeit auch wegfällt (eigentlich nein, allerdings wird der Betroffene wohl keinen Strafantrag stellen), besteht immer die Gefahr, dass der Betroffene nachträglich nicht zustimmt, sondern seine Rechte geltend macht (hierzu am Ende des Beitrags).
Wann ist eine Einwilligung wirksam?
Nicht jede Einwilligung ist wirksam. Sie muss eine Reihe von Kriterien erfüllen. Dabei ist zu beachten, dass diese Kriterien nicht gesetzlich normiert sind. Die im Folgenden wiedergegebenen Kriterien entsprechen der überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung, einzelne Gerichte können allerdings durchaus auch anders entscheiden.
Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung ist, dass der Einwilligende geschäftsfähig ist.
Die Einwilligung kann auch durch einen Bevollmächtigten (beispielsweise einen Rechtsanwalt) erteilt werden. Dann hängt sie nicht nur davon ab, dass der Einwilligende geschäftsfähig ist, sondern auch davon, dass der Bevollmächtigte wirksam bevollmächtigt war.
Die Einwilligung kann räumlich, zeitlich oder sachlich beschränkt erteilt werden. Diese Beschränkungen sind dann einzuhalten, denn außerhalb dieser Grenzen besteht die Einwilligung nicht. Wer die Beschränkungen überschreitet, handelt also ohne Einwilligung!
Eine Einwilligung muss weder schriftlich noch ausdrücklich erfolgen. Wenn der Betreffende ein Verhalten zeigt, das so zu verstehen ist, dass er die Veröffentlichung billigt (z. B. winkt oder lacht er in die Kamera oder posiert für die Kamera), kann eine stillschweigende Einwilligung vorliegen. Das zeigt auch das Gesetz in § 22 Satz 2 KunsturhG auf, wenn es darauf abstellt, dass eine Entlohnung für eine Einwilligung spricht. Allerdings müssen dem Betroffenen in aller Regel Art, Umfang und Zweck der Veröffentlichung im Wesentlichen bekannt sein. Er darf auch nicht überrumpelt werden. Die Rechtsprechung dazu ist mal enger, mal weiter und teilweise schwer prognostizierbar.
Die Einwilligung ist nur wirksam in dem Rahmen, in dem sie erteilt wurde. Ihre Grenzen ergeben sich aus dem, was der Betroffene vorgegeben hat (wenn er denn Grenzen gesetzt hat), sonst aus den Umständen. Die Veröffentlichung darf daher z. B. nicht in völlig anderem Kontext erfolgen (als Extrembeispiel: Nacktbilder für ein Biologieschulbuch dürfen beispielsweise nicht ohne Weiteres für einen Sexualkundefernsehbericht verwendet werden). Bei einem klaren Zweck darf das Bildnis nicht für einen anderen Zweck verwendet werden (für Berichterstattung erlaubte Fotos dürfen nicht für Werbezwecke genutzt werden). Nach längerer Zeit kann die Erlaubnis auch dann entfallen sein, wenn es keine ausdrückliche Befristung der Einwilligung gab. Eine Einwilligung kann beispielsweise auch durch wirksamen Widerruf unwirksam werden. Das ist allerdings nur in seltenen Fällen bei Vorliegen eines sog. „wichtigen Grundes“ möglich und weitgehend rechtlich unklar.
Wer muss eine Einwilligung beweisen?
Die Beweislast dafür, dass es eine Einwilligung gibt und diese das Veröffentlichungsprojekt abdeckt, trägt der Veröffentlichende. Es hilft ihm in aller Regel nicht, wenn er das nicht wusste oder wenn er „gutgläubig“ dachte, eine ausreichende Einwilligung liege vor.
Was sollte man beachten?
Eine Einwilligung sollte nach Möglichkeit schriftlich erteilt werden. Dabei sind pauschale „Model Releases“ in der Regel wenig hilfreich. Die schriftliche Einwilligung sollte so klar wie möglich die beabsichtigte(n) Veröffentlichung(en) umfassen. Dabei ist zu beachten: Alles, was die Einwilligung nicht umfasst, ist nicht erlaubt. Ist die Einwilligung aber zu pauschal, könnte ein Gericht ebenfalls Zweifel an der Wirksamkeit haben. Sinnvoll kann es daher sein, zwar eine pauschalere, weitreichendere Einwilligung vorzusehen, diese dann aber anschließend zu konkretisieren:
“ … (Name) willigt insbesondere ein: … (konkret bezeichnete Veröffentlichungsvorhaben)“. Je konkreter die Einwilligung, desto eher ist sie wirksam.
Ist eine schriftliche Einwilligung nicht zu erhalten, sollte zumindest eine mündliche erfolgen, und zwar am besten vor Kollegen oder anderen als Zeugen geeigneten Personen. Diese sollten sich unmittelbar danach einen Vermerk anfertigen, damit sie im Ernstfall einem Gericht den Ablauf und die Einwilligung so detailliert wie möglich schildern können.
Wenn die Einwilligung von einem Bevollmächtigten erteilt wird, sollte auch eine Vollmachtsurkunde verlangt werden.
Bei einem Geschäftsunfähigen ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters notwendig. Bei „beschränkt Geschäftsfähigen“ (7-18 Jahre) ist ab einem Alter von ungefähr 14 Jahren oft die zusätzliche Zustimmung des Minderjährigen notwendig. Minderjährige können im Rahmen des § 113 BGB ausnahmsweise auch ohne Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters zustimmen. Praktisch relevant wird das wohl allenfalls für minderjährige Fotomodels. Am sichersten ist bei Minderjährigen daher stets die Zustimmung von gesetzlichem Vertreter und Minderjährigem.
Welche Folgen hat eine fehlende oder nicht ausreichende Einwilligung?
Wenn ein Personenbild ohne Einwilligung veröffentlicht wird, obwohl eine Einwilligung nach § 22 KunsturhG notwendig gewesen wäre, ist die Veröffentlichung widerrechtlich. Dies kann eine Reihe von Konsequenzen nach sich ziehen. Neben – seltener praktisch relevanten – strafrechtlichen Folgen führt die Rechtsverletzung zu diversen Ansprüchen des Betroffenen. Er kann beispielsweise ggf. Unterlassung, Schadensersatz und Geldentschädigung verlangen.
Das Thema Einwilligung bei Fotoveröffentlichungen ist also ernst zu nehmen. Wer hierbei nicht sorgfältig vorgeht, muss mit erheblichen Kosten und größerem Ärger rechnen. Bei den Fragen, ob überhaupt eine Einwilligung notwendig ist und wie diese ggf. auszusehen hat, hilft DFJV-Mitgliedern auch die DFJV-Rechtsberatung.
Wie unterstützt der DFJV seine Mitgliedern beim Thema Recht und Berichterstattung?
Der DFJV bietet seinen Mitgliedern eine kostenfreie, individuelle und zügige Rechtsberatung (Erstberatung) an. Mehr Informationen erhalten Sie hier. Zudem informieren wir in Rechts-News zu wichtigen Themen. Bei komplexen, auch rechtlichen Fragestellungen hilft Ihnen der DFJV darüber hinaus durch verschiedene Leitfäden.
Titelillustration: Esther Schaarhüls
Das Magazin Fachjournalist ist eine Publikation des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV).
Der Autor Frank C. Biethahn ist Inhaber einer u. a. auf Urheber- und Medienangelegenheiten spezialisierten Kanzlei bei Hamburg. Er ist bundesweit tätig. Als Vertragsanwalt des DFJV ist er für die Mitglieder-Rechtsberatung zuständig, zudem ist er Lehrbeauftragter an Hochschulen in Hamburg.