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Whistleblowerschutz light: Neues Hinweisgeberschutzgesetz unzureichend

Für den DFJV von Rechtsanwalt Christian Solmecke aus der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE.

Whistleblower leisten einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft, indem sie Missstände in Unternehmen und Behörden aufdecken. Doch ihre eigene berufliche Zukunft setzen sie durch ihre Enthüllungen zumeist aufs Spiel. Das neue Hinweisgeberschutzgesetz soll das ändern. Doch der Gesetzentwurf, der kürzlich von der Bundesregierung verabschiedet wurde, enttäuscht – warum, erklärt Rechtsanwalt Christian Solmecke im Detail.

Am 27. Juli 2022 hat das Bundeskabinett einen neuen Entwurf des sogenannten Hinweisgeberschutzgesetzes – auch Whistleblower-Gesetz genannt – verabschiedet. Es soll endlich die nun fast drei Jahre alte europäische Hinweisgeberschutzrichtlinie umsetzen. Die Frist dafür war bereits Ende 2021 abgelaufen, weswegen die Europäische Kommission zurzeit ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland führt. 2020 hatte das SPD-geführte Justizministerium bereits einen Gesetzesentwurf im Bundeskabinett zur Abstimmung gestellt, konnte sich jedoch nicht mit der CDU einigen. Der neue Entwurf aus dem Haus von Justizminister Marco Buschmann soll es nun richten. Doch wird das Gesetz seiner Zielsetzung gerecht?

Whistleblower im rechtslosen Raum

Ziel des Gesetzes ist es, den bislang unzureichenden Schutz von Hinweisgebern in privatwirtschaftlichen Unternehmen und Behörden zu verbessern. Whistleblower leisten einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung und Ahndung von Missständen, müssen nach deren Offenlegung aber häufig mit Repressalien von Seiten ihres Arbeitgebers rechnen – etwa Abmahnungen, Kündigungen oder anderweitigen Benachteiligungen.

Dies auch deshalb, weil das Whistleblowing bislang praktisch gar nicht gesetzlich geregelt ist. Arbeits- und Zivilgerichte, die über Vergeltungsmaßnahmen von Arbeitgebern zu entscheiden hatten, orientierten sich bislang zumeist an einer Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aus dem Jahre 2011. Die Straßburger Richter betonten die Pflicht von Arbeitnehmern zu Loyalität, Zurückhaltung und Vertraulichkeit gegenüber dem Arbeitgeber und bezeichneten den Gang an die Öffentlichkeit als „letztes Mittel“. Auf Grund dieser restriktiven Linie der Rechtsprechung schreckten viele potenzielle Hinweisgeber davor zurück, Missstände zu offenbaren.

Die Hinweisgeberrichtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten daher, ein System zu schaffen, dass es Whistleblowern ermöglicht, Verstöße gegen Unionsrecht zu melden. Darüber hinaus stellt die Richtlinie es den Mitgliedsstaaten frei, derartige Systeme auch für Verstöße gegen nationales Recht vorzusehen. Davon macht der aktuelle Regierungsentwurf auch Gebrauch. Die dem Gesetz zu Grunde liegende Idee ist die, dass Mitarbeiter einerseits verpflichtet werden, Unternehmen zunächst „im Stillen“ auf etwaige Missstände hinzuweisen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, diese abzustellen. Tut sich nach dem Hinweis jedoch nichts, sollen Whistleblower vor Repressalien geschützt sein, wenn sie an die Öffentlichkeit gehen.

Interessenausgleich durch spezielle Meldesysteme

Konkret schreibt der Entwurf Unternehmen und öffentlichen Stellen ab 50 Mitarbeitern vor, ein internes „Meldesystem“ einzurichten, über das Arbeitnehmer, aber auch Anteilseigner, Mitarbeiter von Lieferanten oder alle anderen Personen auf Missstände hinweisen können. Teilt ein Arbeitnehmer einen Missstand mit, muss die Stelle die erforderlichen „Folgemaßnahmen“ einleiten. Hierzu können gem. § 18 HinSchG-E interne Untersuchungen, die Abgabe der Angelegenheit an eine zuständige Behörde, aber auch der Abschluss des Verfahrens aus Mangel an Beweisen gehören.

Will ein Whistleblower Informationen über Missstände mitteilen, kann er sich alternativ auch an eine externe Meldestelle wenden. Geplant sind zentrale externe Meldestellen beim Bundesamt für Justiz, beim Bundeskartellamt sowie bei der BaFin. Daneben haben die Länder die Möglichkeit, eigene Meldestellen einzurichten.

Hat der Hinweisgeber eine Meldestelle kontaktiert, muss er zunächst abwarten. Mit Ausnahme von besonders dringlichen Notfällen ist eine Frist von drei bis sechs Monaten (je nach Umfang der Vorwürfe) vorgesehen, innerhalb derer die Meldestelle reagieren muss. Erst nach Verstreichen dieser Frist greift der eigentliche Schutzmechanismus für Whistleblower: Wenden sie sich nun an die Öffentlichkeit, ist es den von den Vorwürfen belasteten Unternehmen und Behörden verboten, jedwede Art von Repressalien gegen die Whistleblower zu verhängen. Tun sie dies dennoch, sind sie zu Schadensersatz- und Ordnungsgeldzahlungen verpflichtet. Dabei kommt den Hinweisgebern eine Beweislastumkehr zu Gute: Nach § 36 Abs. 2 HinSchG-E wird vermutet, dass eine Benachteiligung, die nach der Offenlegung von Informationen erfolgt, eine „Repressalie“ ist.

Kritik an dem neuen Gesetzentwurf

Insbesondere aus journalistischen Kreisen war sofort nach Veröffentlichung des neuen Entwurfs Kritik zu hören. In der Tat kann angezweifelt werden, dass das HinSchG seinem Ziel gerecht wird.

Zweifelhaft erscheinen bereits die Regelungen zu anonymen Meldungen. So sind Unternehmen zwar verpflichtet, diesen nachzugehen. Dies jedoch nur, soweit hierdurch die Bearbeitung nicht-anonymer Hinweise nicht „gefährdet“ wird. Eine Pflicht, Meldekanäle für die anonyme Hinweisgabe zu schaffen, besteht ebenfalls nicht. Zu befürchten ist daher, dass Whistleblower, die ihre Identität schützen wollen, auch weiterhin von einer Hinweisgabe absehen werden.

Whistleblower müssen aufgrund der langen Fristen im Zweifel viel zu lange warten, bis sie an die Öffentlichkeit gehen dürfen. In dieser Zeit haben die Unternehmen mitunter Zeit, Missstände zu vertuschen oder zumindest per Kommunikationsstrategie zu „verschönern“.

Auch ist der Anwendungsbereich des Gesetzes zu eng. Entgegen den Versprechungen im Koalitionsvertrag löst nach dem neuen Entwurf nur rechtswidriges Verhalten den Schutz von Whistleblowern aus, lediglich ethisch zweifelhaftes Verhalten jedoch nicht. Gerade die Aufdeckung formal legaler Missstände ist jedoch eine wichtige journalistische Aufgabe. Nicht zuletzt beim Grundsatzurteil des EGRM von 2011 ging es in erster Linie um eine damals rechtskonforme chronische Unterversorgung von Patienten. Auch die Enthüllungen der Facebook-Whistleblowerin Frances Haugen im Herbst 2021 zur Schädlichkeit des Facebooks-Algorithmus für Kinder betrafen in erster Linie „nur“ ethische Gesichtspunkte.

Der Schutz von Mitarbeitern öffentlicher Stellen wird ebenfalls erheblich limitiert. So dürfen als mit Vertraulichkeits- oder Geheimhaltungspflichten belegte Informationen nur dann veröffentlicht werden, wenn sie der niedrigsten Geheimhaltungsstufe („Verschlusssache“) unterliegen.

Gute Ansätze, Nachbesserungen nötig

Schlussendlich lässt sich festhalten, dass das Gesetz längst überfällig ist und gute Ansätze aufweist. Hervorzuheben sind hier insbesondere die Androhung von Schadensersatz bei nachträglichen Repressalien durch den Arbeitgeber sowie die hiermit verbundene Beweislastumkehr zu Gunsten des Whistleblowers. Der Umfang von Informationen, bei deren Preisgabe Hinweisgeber geschützt sind, sollte indes noch ausgeweitet werden. Auch bei der Pflicht zur Einrichtung von Kanälen für anonyme Meldungen sollte der Gesetzgeber nachbessern. Gelegenheit hierzu haben noch der Bundesrat, dem das Gesetz derzeit zur Stellungnahme vorliegt und der Bundestag, der sich im Herbst mit dem Entwurf befassen wird. In Kraft treten wird das Gesetz dann aller Voraussicht nach – mit oder ohne Änderungen – im ersten Quartal 2023.

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